16-01-2013, 18:04
(16-01-2013, 17:19)Jakow schrieb: Der Text enthält doch eigentlich viele Unklarheiten.
(...)
Für eine ernsthafte Interpretation ist darum aus meiner Sicht hierbei eben gezeigt, dass Hintergrundwissen notwendig ist.
Normalerweise würde ich dir sofort zustimmen. In diesem Fall denke ich allerdings, dass du Dinge in Frage stellst, die so fraglich gar nicht sind. Zum Beispiel: Für mich bedeutet "störrisch", den Gehorsam stur zu verweigern. Das kann man bestimmt auch anders verstehen, aber nicht so grundlegend anders, dass dadurch die Bedeutung der gesamten Stelle abgemildert würde.
Oder aber, wenn wir wirklich genau hinsehen wollen, machen wir das doch einmal mit einer "positiven" Bibelstelle:
Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst.
1. Wer ist mit "Nächster" gemeint? Vielleicht ja immer nur der, der rechts von mir steht? Oder nur meine direkten Nachbarn? Oder eben doch mein "Nächster" als mein "Mitmensch", also eigentlich jeder?
2. Was ist mit "lieben" gemeint? Vielleicht soll ich ihm Blumen schenken? Vielleicht soll ich Respekt haben? Vielleicht soll ich aber auch Sex mit jedem Nächsten haben, wer weiß?
3. Was ist mit "wie dich selbst" gemeint? Gilt das Gebot nicht für Depressive? Was soll gar ein Masochist damit anfangen? Gilt seinem Nächsten die selbe liebevolle Behandlung wie sich selbst?
All diese Fragen könnte man stellen. Ob sie in diesem Maße gerechtfertigt sind, ist eine andere Frage. Aber eins steht leider fest: Wenn wir jede Begrifflichkeit so heftig in Frage stellen, verlieren solche Aussagen ihren großartigen Wert, weil auf einmal kein Konsens mehr besteht. Man kann noch weitergehen und sagen: Wenn du jetzt jedes meiner Worte hinterfragst und mit denen von anderen vergleichst, wird unsere Kommunikation praktisch unmöglich. Von einem gewissen Konsens müssen wir ausgehen. Und das eine Steinigung eine Hinrichtung ist... ich glaube nicht, dass so viele da jetzt widersprechen würden.
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)

