29-12-2012, 21:39
(29-12-2012, 16:35)ags schrieb: Anders aber bei der Vergebung der Sünden durch Jesus am Kreuz. Wie passt diese gute Tat mit der Sünde eines Menschen zusammen. Es sieht so aus als wäre diese gute Tat ein Joker, den man immer ein setzen kann. Es entzieht sich meiner Erkenntnis, wie das funktionieren soll, z.B. schon allein psychologisch ist es fragwürdig.Ich bin ein Gegner der "Sühnopfertheologie". Ich halte diese für eine Gemeindebildung nach der Kreuzigung, um Letztere theologisch zu verarbeiten. Es gibt bei Jesaja die so genannten Gottesknechtslieder. Der schuldlose Gottesknecht übernimmt darin stellvertretend die Grausamkeiten seiner Mitmenschen, damit diese vor Gott (und der Gemeinde) "kultisch rein" ihr Leben quasi neu beginnen können. Diese Konstruktion ist eine typisch jüdische Auffassung kultisch bedingter Beseitigung von Schuld (durch ein Opfer im Sinne von engl. "sacrifice" - nicht "victim"). Ich glaube, dass niemand versteht, wie das funktionieren soll; es sei denn man glaubt den jüdischen Opfer-Ritualen.
(29-12-2012, 16:35)ags schrieb: Ich sehe allerdings, dass ein Gebet eine Aussprache mit Gott sein kann. Doch wie habe ich mich mit Gott verkracht wenn ich einen Streit mit einem Menschen hatte?Es muss kein Streit sein. Es kann sich um Unachtsamkeiten, Vorteilsnahme, Zurückweisung, Mobbing, natürlich auch Totschlag und Mord sein. Wenn ich der Argumentation von Hans Küng ("Jesus") folge, dann ist Gottes Wille identisch mit dem Streben zum Wohl aller Menschen. Jede Sünde ist damit zugleich ein Verstoß gegen den Willen Gottes, ja, eine Entfremdung von ihm.
(29-12-2012, 16:35)ags schrieb: Ist es möglich mit Gott zu streiten? Jesus sagt, was ihr jemandem getan habt, das habt ihr mir getan. Ist es wirklich so einfach?Einmal ist es nach jüdischer Auffassung möglich, mit Gott zu hadern und zu streiten. Zum Anderen kann man sich durch Gedanken, Worte und Werke auch von Gott entfernen - und damit aus der Gemeinschaft der Gläubigen (was bis in die Neuzeit hinein die eigene Existenz kostete oder kosten konnte).
(29-12-2012, 16:35)ags schrieb: Wie genau kann Gott eine zwischenmenschliche Angelegenheit wieder gut machen und welche Funktion hat der Kreuztod Jesus dabei?Hier spielt wohl der Glaube die wesentliche Rolle. Wir reden ja über individuell unüberwindbare (kultisch gefährliche) Schuld, die ein Leben in der Gemeinde unmöglich macht, oder das Gewissen derart belastet, dass ein Aufatmen nicht mehr möglich ist. Es gehört zu den römisch-kirchlichen Eigenarten, dass jedes Kinkerlitzchen als Sünde behandelt wird (ganz extrem z. Z. der Reformation). Man muss den ganzen Prozess der Schuldvergebung im Auge behalten: Meine Schuld, mein Fehlverhalten bedrückt mich und mein Leben. Es gibt Dinge, die man nicht mehr gut machen kann. In diesen Fällen gehört eine juristische wie gemeindliche Aufarbeitung zum Prozess, in dem auch eine Sühne vereinbart werden kann. Die Gemeinde kann nach Ableistung der Sühne das gestrauchelte Gemeindeglied wieder zum Kult zulassen. Damit wäre dann die Schuld vergeben.
Der Kreuzestod Jesu hat damit eher nichts zu tun (s. o.) - bestenfalls so viel, dass die grundsätzlich Möglichkeit besteht, vor dem Ewigen wieder (kultisch) rein werden zu können, wenn die Gemeinde oder ihr Vertreter zustimmt.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Ekkard