23-11-2012, 09:52 
		
	
	(23-11-2012, 02:07)Richard Bastian schrieb: Petronius, im Prinzip liegen wir gar nicht so weit auseinander, auch wenn Du das vielleicht meinst, Deine Anschauung hatte ich auch mal, ist zwar schon etwas her, aber da war doch kaum ein Unterschied
...
Wenn ich von "Prüfung" rede wäre es vielleicht notwendig diese Angelegenheit genauer auszuführen, denn Du wirst sagen, "Gott weiß doch sowieso alles, wozu also noch eine Prüfung, lächerlich." So oder ähnlich wohl.
Ich glaube, du meinst mich mindestens genauso wie Petronius, denn das mit der Prüfung, die nicht notwendig sein sollte, weil Gott doch angeblich alles weiß, habe ich gesagt.
Und bei mir ist es genau umgekehrt wie bei dir: Was du glaubst, habe ich auch einmal geglaubt (genauer: aus Angst vor Gott geglaubt, glauben zu MÜSSEN) - und jetzt, wo ich mich von diesem Bild eines allmächtigen und damit zwangsläufig böswilligen Gottes freigemacht habe, fühle ich mich sehr viel besser. Mit einem guten, aber machtlosen Gott kann ich leben. Einen allmächtigen kann ich nur verachten, egal, welche theologischen Kniffe und Tricks auch probiert werden, um sein Verhalten schönzureden.
(23-11-2012, 02:07)Richard Bastian schrieb: ... wir sind kein Tier das einfach nur verreckt ...
Es gibt aber sehr viele Menschen, die elendig sterben (anscheinend wohl, weil es dem allmächtigen Gott so gefällt), und wenn Leute wie du und Indymaya ihre Meinung durchsetzen können, wird es noch viel mehr Leuten so ergehen. DAS ist es, was mich aufregt: die Auffassung, dass andere Menschen gezwungen sind, sich auf das Schlimmste herumzuquälen, obwohl man ihnen (nur, wenn sie es wünschen!) helfen könnte – und zwar, weil diese Leute selbst (die gar nicht die Leidenden sind) eine solche Hilfe für unmoralisch halten!
(23-11-2012, 02:07)Richard Bastian schrieb: Du glaubst es zwar nicht, aber um zu verstehen solltest Du mal so tun "als ob", um den Standpunkt eines Gläubigen zu verstehen, musst ihn ja nicht teilen.
Doch, ich verstehe sehr gut, was du meinst. Warum glaubt ihr immer, man sei unfähig, euch zu verstehen, wenn man eure Meinung nicht teilt?
(23-11-2012, 02:07)Richard Bastian schrieb: Unsere "Stunde" ist bestimmt, das ist der Plan, wie in einem Fahrplan, "Bus fährt ab um: "--:--", alles andere ist "danach berechnet", die ganze Welt, das gesamte Universum "weiß" darum, ...
Dann weiß das Universum es auch rechtzeitig vorher, wenn ich mir Sterbehilfe geben lasse. Denn auch das gehört dann zum Plan. Oder glaubst du wirklich, man könnte einem allmächtigen Gott ins Handwerk pfuschen, wenn er das partout verhindern will?
(23-11-2012, 02:07)Richard Bastian schrieb: Er kennt jede Sekunde des Schmerzes schon lange bevor wir am Leben sind, und weil Er der Stärkste ist hält Er das auch aus,
Warum sollte Gott es nicht aushalten, wenn ich Mensch leide? Du sagst doch selbst, dass der Mensch (für Gott) eigentlich nicht mehr ist als ein Grashalm. Wenn ich z.B. sehe, wie eine Amsel einen Regenwurm frisst, dann bedaure ich den Wurm vielleicht, aber das beschäftigt mich nicht lange. Ich halte die Vorstellung, dass Tiere von anderen Tieren gefressen werden, aus, weil es mich selbst ja nicht betreffen wird (es sei denn, ich gehe in Naturschutzgebieten mit großen Fleischfressern spazieren). Wäre ich dagegen der Regenwurm, sähe das ganz anders aus. Und dann wäre es mir vollkommen egal, dass es normal ist, dass AmselnWürmer fressen, dass die Amsel vielleicht ihre Jungen füttern muss und auch, ob der zuschauende Mensch auf der Seite der Amsel oder meiner Seite ist.
(23-11-2012, 02:07)Richard Bastian schrieb: Er erfreut Sich nicht am Leid,
Nein? Wenn ich bedenke, dass sogar schon kleinste Kinder, die noch gar keine Möglichkeit hatten, Schlechtes zu tun, genauso leiden müssen wie Erwachsene, fällt es mir schwer, das zu glauben.
(23-11-2012, 02:07)Richard Bastian schrieb: aber gemäß Seinem Willen ist das notwendig,
Warum? Notwendig wofür? Als Strafe für irgendwelche Sünden? Das wäre erstens mittelalterliche Prügelpädagogik-Theologie (gibt es bei den evangelikalen Christen noch heute!), und zweitens würde sich die Frage stellen, warum z.B. der eine Mensch schon mit 2 Jahren unheilbar an Krebs erkrankt oder bei einer Naturkatastrophe umkommt, während ein anderer ein Verbrechen nach dem anderen begeht und fröhlich bis ins hohe Alter lebt.
Oder als Prüfung alá Hiob, wie viel der einzelne Mensch aushält, ohne in Verbitterung zu fallen? Das ist es ja, was Gott sowieso schon wissen müsste, ohne es ausprobieren zu müssen. Und wenn viel später, in seinem Reich, sowieso nur noch gute Menschen leben, weil die bösen entweder in der Hölle schmoren oder vernichtet sind, gibt es ja auch nichts mehr, wogegen man sich bewähren müsste.
Jesus hat das (obwohl seine Vorstellung von Gott meiner Meinung nach auch ziemlich barbarisch war) wohl ein bisschen anders gesehen. Jedenfalls heilte er (den Evangelien nach) die Kranken, die ihn um Hilfe baten, und versuchte nicht, sie mit irgendwelchen Floskeln abzuspeisen. Aber nein, ich habe vergessen: deiner Meinung nach tat Jesus ja nichts, als den richtigen Glauben zu predigen und sich dann aufgrund mangelnden Interesses zurückzuziehen...
(23-11-2012, 02:07)Richard Bastian schrieb: es gibt Menschen, die sich dafür sogar bedanken....
Aber doch hoffentlich nur für selbst erlebtes Leid und nicht für das Leid anderer. Und in diesem Thread geht es darum, ob man von anderen (!) verlangen darf, ihre Leiden (die ja nur sie selber spüren) auszuhalten, oder ob man ihnen helfen darf, dieses Leiden zu beenden - wenn sie es unbedingt wollen und es keine Alternative gibt.
(23-11-2012, 02:07)Richard Bastian schrieb: Wenn wir uns umbringen lehnen wir uns gegen Gott auf, es ist nicht der Schmerz, es ist das " Nicht einverstanden sein" mit Gottes Plan, die Meinung "es besser zu wissen", und auch, fällt mir hier besonders auf, die Meinung "Gott kann doch nicht so böse sein...", ohne das Geringste zu wissen, nur weil "man meint". Aber davon will man ja auch gar nichts wissen, es würde nämlich das gesamte Leben verändern,
Du gibst demnach zu, dass dein(e Vorstellung von) Gott böse ist? Ein Gott, der bis in die tiefsten Schichten der Seele blicken kann, müsste doch wohl einsehen, dass mancher Mensch manches Leid einfach nicht ertragen kann. Trotzdem ist er beleidigt, wenn so ein Mensch aufgibt, weil er seinen Plan ein bisschen abwandeln muss? Das klingt doch ziemlich kindisch und unreif. Und Kinder spielen, wie sie Lust und Laune haben. Der Unterschied ist, dass die Spielfiguren der Kinder tote Materie sind, während Gottes Spielfiguren Gefühle haben.
(23-11-2012, 02:07)Richard Bastian schrieb: Man muss sich davon befreien, von den Gedanken der Anderen befreien, von den Gedanken an die Gedanken der Anderen muss man sich befreien, das ist nicht so einfach wie es sich liest.
Richtig. Von solchen Gedanken, wie du sie hier zu vermitteln versuchst, habe ich mich zum Glück befreit. Und meine jetzigen Gedanken sind meine eigenen, ohne dass sie mir irgendjemand vermittelt hätte.
(23-11-2012, 02:07)Richard Bastian schrieb: Der letzten Anstrengung nicht gewachsen zu sein? Dabei hat man das Stück schon seit langem voll drauf, und bei den letzten Tönen kackt man ab? Was ist denn das?
Nein, durch bis zum Finale Mann, egal wie, das geht auch noch vorbei, wie alles andere...
Für mich gehört zur Würde das Leben zu nehmen wie es kommt und es aushalten, bis zum Ende.
Wer es aushalten will, soll es ja tun können! Es geht um die, die es nicht aushalten können, und die sollten das (Menschen-)Recht haben, es so leid-los zu Ende bringen zu können, wie sie möchten. Notfalls mit Hilfe. Wer bist du, dass du glaubst, bestimmen zu können,wer welchen „Anstrengungen“ (ein verniedlichendes Wort) noch gewachsen sein müsste?
Es ist nur der Betroffene selbst, der weiß, was er für Schmerzen hat, und ob er sie noch aushalten will – und kann! Es ist ja nicht Trotz oder böser Wille (z.B., um Gott zu ärgern), wenn man lieber sterben will, als sich noch wochenlang mit Schmerzen herumzuquälen, bis man sowieso stirbt. Und das müsste auch dein doch so weiser Gott einsehen. Wenn nicht, würde das nicht gerade für ihn sprechen.
Und glaube mir: Wenn dich ein Angehöriger um den Tod anbetteln würde, weil er es vor Schmerzen nicht mehr aushält und ihr beide wisst, dass es keine (medizinische) Besserung mehr geben wird, sondern höchstens noch schlimmer werden wird – dann ist es dir auch egal, wenn Gott deswegen gekränkt die Stirn runzelt. Denn nicht (der allmächtige) Gott ist es, der in einer solchen Situation leidet, sondern der Patient. Und die (Menschen-)Rechte eines leidenden Wesens auf Hilfe sind (in meinen Augen) höher zu bewerten als die Gefahr, ein allmächtiges Wesen, das niemals wissen wird, was Schmerzen sind, durch diese Hilfe zu beleidigen.

