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Glauben als Wesensmerkmal
#20
Wenn die von Gundi im Eingangspost zitierten Thesen korrekt wieder gegeben sind, und nichts Wesentliches ausgelassen, dann stimme ich Karl R. Wernhart zu, obwohl ich dessen Buch nicht kenne.
Auch andere Studien (zitiert und beschrieben bei Ulrich Schnabel, Die Vermessung des Glaubens) konnten experimentell nachweisen, dass es im menschlichen Kopf religiöse Grundstrukturen gibt, so ähnlich wie die Archetypen nach C. G. Jung. Die „religiösen Grundstrukturen“ sind analog zu den Archetypen vollkommen ambivalent und ihre Ausprägung von äußerlichen Eindrücken insbesondere der Erziehung und dem gesellschaftlichen Kontext abhängig. Bestätigt wird dies durch die vielen verschiedenen Religionen, die teilweise gut erkennbare landschaftliche und klimatische Eigenarten zeigen.

Da stellt sich natürlich die Frage nach der evolutionsbiologischen Herkunft oder dem Überlebensmechanismus. Um evolutionstechnisch Erkenntnisse zu gewinnen, müssen wir einige zehntausend Generationen zurück rechnen (ca. 200 bis 250 Tausend Jahre) und sehen, was Menschen passierte, die sich nicht an das hielten, was „man tut“. Man kann sich leicht vorstellen, dass solche Exemplare im statistischen Mittel benachteiligt waren. Es gab also tendenziell einen Selektionsvorteil für kooperierende Individuen, also Horden, Sippen und dergleichen.

Nun, Kooperation funktioniert umso besser, je konformer die Ansichten in der Horde sind. Voilà, damit sind zwar alle möglichen Vorstellungen verbunden. Wichtig ist, dass sie allen gemeinsam sind und vielleicht noch durch Tänze (oder andere Riten) verfestigt werden.
Transzendente Vorstellungen könnten in der weiteren kulturellen Entwicklung schon deshalb eine wesentliche Rolle spielen, weil sie quasi die ultimative Konformität darstellen – Dankes- und Opferriten eingeschlossen.

„Tiefe Sehnsucht“: Ich halte mit Ulrich Schnabel die tiefe Sehnsucht nach Antworten auf existenzielle Fragen für eine sekundäre Erscheinung. Nachdem nun mal Spiegelneuronen und der äußerliche Zwang zur Kooperation in frühen Gesellschaften da war, konnte der Mensch weitere Vorstellungen entwickeln, die über das eigene Leben hinaus greifen und mit der schlichten Konformität gemeinsamer Vorstellungen nur noch die Basis gemein hatten.

(04-09-2012, 20:16)Gundi schrieb: Ist es dem Menschen möglich diese "tiefe Sehnsucht" und die damit einhergehenden offenen Fragen zu überwinden und sich komplett von Religion zu lösen?
Oder ist Religion tatsächlich ein Wesensmerkmal des Menschen, dass er zwar unterdrücken, jedoch nie überwinden kann (bsp.: fanatischer Atheismus)?
Ich halte das Ansinnen, Religion zu überwinden, für Raubbau am Wesen des Menschen. Genauso gut könnte man versuchen, die Poesie abzuschaffen oder die Vereinsmeierei. Wir sind (nach den Studien) offenkundig Wesen, die durch gemeinsame Vorstellungen zu einer Gemeinschaft verbunden werden. Die Inhalte gemeinsamer Vorstellungen dürften relativ beliebig sein. Sinnvoll sind solche, die gewisse gesellschaftliche Normen stabil halten.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard


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Glauben als Wesensmerkmal - von Gundi - 04-09-2012, 20:16
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