(01-08-2012, 23:49)Lelinda schrieb: Es hätte doch seltsam gewirkt, wenn er sich seinen Feinden selbst gestellt hätte. Also wählte Gott einen der Jünger aus.
Die Fragen, die sich bei Judas stellen, sind natürlich:
1) Warum gerade Judas? [...]
Alle Fragen, die Du stellst, sind berechtigt.
Ich schicke voraus, dass ich den Verräter Judas, wie er in den Evangelien beschrieben wird, nicht für historisch halte. Bei den Judas-Legenden handelt es um sehr frühen Antijudaismus, der, umso jünger der Text ist, umso offensichtlicher wird.
Die Evangelien sind in erster Linie Missionsliteratur und Apologetik. Lukas diente sich den Römern ganz besonders an, indem er ihre Schuld an Jesu Tod kleinschreibt!
Alle Erzählungen, die sich um Judas Iskariot ranken, können nicht erklären, warum Petrus gerettet (Lk 22,32) und Judas verdammt wird. Wenn es besser gewesen wäre, Judas wäre nicht geboren worden (Mt 26,24f.), hätte es der Herr, der um alles weiß, auch anders einrichten können. Auch Judas ist Opfer göttlicher Willkür, und zwar das ungeliebte Opfer, das der ewigen Verdammnis zugeführt wird.
Der erste der großen Theologen, der sich zum Unrecht, das Judas widerfährt, zu Wort gemeldet hatte, war Karl Barth gewesen:
"Kann man bei aller Unähnlichkeit die Ähnlichkeit übersehen, in der unter allen anderen Aposteln allein Judas hier Jesus gegenüber und zur Seite steht?" Und er fährt fort: "Es bleibt, dass auch er (...) seinen Tod an der Stelle der anderen erlitten hat. Dass Jesus faktisch nicht allein in den um der Sünde aller Apostel willen notwendigen Tod gegangen ist. Sondern [Judas] mit ihm (...)" (K. Barth, Kirchliche Dogmatik II, Zürich 1942, S. 532).
MfG B.