23-05-2012, 10:20
(23-05-2012, 00:08)eddyman schrieb: Jesus wollte mit seinem Leben und Sterben auf eine höhere Wirklichkeit hinweisen. Ihn auf die eigenen Vorstellungen runterzuziehen, weil man diese Wirklichkeit nicht akzeptiert, ist nicht recht.Nein, das ist eine vorschnelle Unterstellung. Vielleicht ist dir der Unterschied zwischen victim und sacrifice (im Deutschen beides "Opfer") nicht bewusst. Da ich mich im Rahmen von Bibelarbeit mit dem jüdischen Opfer (i. S. sacrifice) beschäftigt habe, müssen wir nach einer Parallele im AT suchen. Und die gibt es in Gestalt des Propheten Samuel, dessen ganzes Leben Gott geopfert wurde (durch seine Mutter Hanna, die zunächst keine Kinder bekommen hatte 1. Samuel 10 ff). Und dieser Samuel ist keineswegs seiner Lehre willen ermordet worden. Die Opferung besteht eben gerade nicht im Sterben sondern im Wirken für das Evangelium (Markus 1, 11 und Mk 1, 15). Dass Jesus victim wurde, liegt am mörderischen Unverstand sowohl der römischen Weltmacht als auch an der mit ihr kollaborierenden jüdischen Elite. Nur hat Jesus mit seiner geradlinien Haltung auch den Tod in Kauf genommen.
Die "höhere Wirklichkeit" ist eine geistige Macht, die man nicht so einfach fassen kann, wie die beiden Eingangsstatements glauben machen wollen - und die du in meinen Ausführungen vermisst. Es war aber durchaus davon die Rede. Und so kommen wir zurück zur Threadfrage: "Zu welchem Glauben an was genau sollen die Menschen durch dieses "Opfer" kommen?"
Ursprung der zunächst mündlichen Tradition ist der Verlust des geistigen Führers durch die Hinrichtung Jesu am Kreuz. Diese wurde im Sinne der vorherigen Verkündigung gedeutet - heute würde man sagen "seelisch verarbeitet", indem Jesus auferstand. Nochmal: Das Geschehene entzieht sich durch seinen Horror jeder normalen menschlichen Erfahrung. Deswegen ist es auch völlig gleichgültig, wie die Verarbeitung des Geschehens beschrieben wird. Tatsache ist: Die römische Besatzungsmacht hat sich mit der Kreuzigung Jesu desavouiert und sich ihren Untergang eingebrockt. Der Geist hinter Jesu Verkündigung, seinem Kreuzestod und der Verarbeitung durch seine Nachfolger erweist sich als langfristig mächtiger als Weltreiche oder solche, die es sein wollen (faschistische Diktaturen unserer Epoche, der Kapitalismus oder der Kommunismus). Dabei gehe ich davon aus, dass diese Macht weit universaler ist, als es die Beschränkung auf das Christentum suggeriert. Es ist das viele-Millionen-fache Wirken der "kleinen Leute", die sich innerlich aufrichten und der Willkürherrschaft ihrer Obrigkeiten und Autoritäten entgegentreten.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Ekkard

