20-11-2011, 13:01
(16-11-2011, 22:59)Ekkard schrieb: An dieser Stelle muss man wohl unterscheiden zwischen der zwischenmenschlichen Empathie (Gefühl, Emotion) und dem Gegenstück zu institutioneller Ignoranz.
Zwischenmenschliche Empathie hat etwas mit unseren Spiegelneuronen, der Vertrautheit der Personen und einer gemeinsamen Erlebniswelt etwas zu tun, bildet sich langsam und ist gefühlsmäßig verankert, ohne dass man konkret angeben könnte, worin der Grund für dieses Gefühl besteht.
Im Gegensatz dazu gibt es eine systemimmanente Ignoranz einer Gesellschaft, die Ursache dafür ist, dass Teile der Gesellschaft ein Rand- oder Schattendasein führen oder führen müssen. Letzteres, wenn sie durch Gesetze und sonstigen Regeln Ressourcen nicht anzapfen können, beispielsweise deshalb, weil ihre (nur) körperliche Arbeitsfähigkeit nicht hinreichend anerkannt wird. Ich bezeichne diese Regelbildung als "institutionelle Ignoranz". Man lässt gewisse Teile der Gesellschaft oder auch Einzelpersonen "links liegen".
Das Gegenstück zu dieser Art des Verhaltens ist wohl das, was im Neuen Testament als Nächstenliebe bezeichnet wird. Dazu ist jedes Gesellschaftsmitglied aufgerufen, und das ist auch leistbar. Nehmen wir als Beispiel das Thema Mobbing. Man braucht nichts weiter, als zuzuhören, hinzuschauen und den Betroffenen gegen die Mobber zu unterstützen! Niemand kann verlangen, dass mir der Gemobbte sympathisch ist, aber man kann von mir erwarten, dass ich dem Vorgang selbst entgegen trete.
Die Feindesliebe ist sogar noch einfacher: Zuhören, Interessen abwägen und anerkennen, Versöhnung versuchen, vergeben, Vereinbarungen oder Verträge treu erfüllen. Auch hier ist m. E. keine zwischenmenschliche Empathie verlangt.
Hallo Ekkard,
Ich stimme Dir in vielem zu. Ich würde aber die Institutionen und die Gefühle nicht trennen wollen.
Ich kann Dir nur uneingeschränkt zustimmen, dass sich die Nächstenliebe verstärkt im Alltag zeigen müsste. Ohne jetzt zu ökonomisch werden zu wollen, ist ja gerade aus deutscher Sicht in den letzten Jahren ein Trend in der in Deutschland angekommenen Weltwirtschaft nach Schnelllebigkeit, schnell zu erzielenden, hohen Gewinnen, Rücksichtslosigkeit, Ellenbogengesellschaft zu verzeichnen. Der Tanz um das goldene Kalb des schnellsten höchsten Gewinns.
Dabei ist meine These, schon aus ökonomischer Sicht ist Nachhaltigkeit und Rücksicht natürlich mit Qualitätsbewusstsein (die Deutschen wissen das) langfristig der bessere und kumuliert höhere Gewinn. Und da macht es durchaus Sinn, die individuellen Fähigkeiten der Kollegen zu entdecken und mit einzubauen - auch in einer sich schnell wandelnden Gesellschaft. Es ist ja im Personalwesen (also beim ArbeitGEBER!) längst erkannt, dass Mobbing und Kündigungen fast nie mit mangelnder Leistung zu tun haben sondern fast immer auf Antipathie zurückzuführen sind. Da sind viele "im Weg", die nicht helfen wollen oder können, das größte Strohfeuer zu entfachen...
Ich bin mit der Zwei-Reiche-Theorie vorsichtig, auch wenn ich an die Notwendigkeit von Notwehr glaube. Nächstenliebe sollte sich gerade jetzt im Berufsalltag zeigen. Und zwar in Respekt, Einfühlungsvermögen, Hilfsbereitschaft etc.
Wir würden alle davon langfristig profitieren.
Gruß
paxinsulae