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Atheist setzt Nudelsieb als religiöse Kopfbedeckung am Ausweisfoto durch
Ich persönlich finde diese Eulenspiegelei von Herrn Alm gut. Was Herr Alm damit bezwecken wollte können wir natürlich nicht wissen, das kann er uns nur selbst sagen und ob wir ihm dann glauben ist nochmal eine andere Frage. Ich möchte mich da deshalb gar nicht auf Spekulationen einlassen sondern das ganze einfach nur mal aus meiner Sicht darlegen.

Gundi hat hier glaube ich die eigentlich zentrale Frage in diesem Faden gestellt: Was stört euch daran? Irgendwie wurde die ja auch beantwortet, aber vielleicht einfach zu beiläufig. Ich werde deshalb im Folgenden rein nach meinem persönlichen Empfinden argumentieren, ohne Logik- oder Glaubensschwurbelei.

Es ist ja nun so, dass ich gleich zwei Gruppen angehöre, die gerade den beiden dominierenden Monotheistischen Religionen bzw. vieler Ihrer Kirchen und Gläubigen ein Dorn im Auge zu sein scheinen. Zumindest verhalten sie sich so.

Weder Atheisten noch Homosexuelle tun anderen irgendetwas böses, oder anders, sie sind nicht schlechter als andere. Aber beide Gruppen werden ständig angegriffen, nicht nur in der Form, dass es eben heißt ein guter Gläubiger dieser oder jener Religion darf dies oder jenes nicht tun. Nein, es werden für alle möglichen Missstände die Ungläubigen bzw. der Unglaube als schuldig befunden. Genauso wird auf den Homosexuellen herumgehackt. Wenn man sich z. B. als „Argument“ anhören muss, dass es keine Homoehe geben darf, weil sich dadurch heterosexuelle Paare zurückgesetzt fühlen frage ich mich schon, wo es hier denn hakt.

Während auf der einen Seite also alle möglichen Gruppen kritisiert bzw. deren Lebensweise als schlecht dargestellt wird, dürfen Religionen nicht angetastet werden. Hier hat man sich gefälligst zurück zu halten – aber warum? Es gibt eben eine ganze Menge vernünftige Argumente, gerade die beiden angesprochenen Religionen zu kritisieren und es wäre eigentlich nur fair, das genauso tun zu dürfen, wie es umgekehrt auch passiert.

Hier kommen wir nun zum eigentlichen Knackpunkt: Religiöse Empfindungen werden als etwas wichtigeres, wertvolleres oder besseres bewertet als sonstige menschliche Empfindungen anderer Herkunft. Es ist mir aber nicht ersichtlich, wieso nun die Empfindung eines Menschen, der sich z. B. für seine Glatze schämt weniger bedeutsam sein soll als die Empfindung eines Gläubigen, seine Kopfbedeckung nicht abnehmen zu wollen. Am Ende habe ich zwei ganz persönliche Empfindungen, die aber unterschiedlich gewertet werden, für den einzelnen aber genauso wichtig sein können.

Und um dieses Beispiel weiter zu vertiefen: Auch wenn es nun um den Personalausweis ginge, wäre doch die einzig sinnvolle Regelung, einfach nur eine Empfehlung auszusprechen, die normalerweise übliche Kopfbedeckung zu tragen. Denn weder kann der Beamte nachvollziehen, wie nun die persönliche Empfindung seines Gegenübers aussieht, noch kann er überprüfen, ob die vorhandene Kopfbedeckung tatsächlich üblicher Weise auch getragen wird. Die formale Zugehörigkeit zu einer Religion sagt ja noch nichts darüber aus, ob man nun auch tatsächlich immer nach deren Maßstäben lebt. Die Religion bekommt aber pauschal dieses Recht zugesprochen, während anderen pauschal dieses Recht genommen wird.

Diese Religionen verteilen also mit der groben Kelle ihre bösen Sprüche über anders denkende bzw. Menschen mit einem anderen Lebensstil und sind dabei oft an der Grenze zur Volksverhetzung. Sie nutzen ihren durchaus vorhandenen Einfluss, um Gesetze entsprechend zu forcieren oder um Menschen ein schlechtes Gewissen einzureden – oft schon in der Kindheit. Sie bekommen gleichzeitig Sonderechte, damit die religiösen Empfindungen ihrer Gläubigen geschützt werden, während Menschen, die nun anders denken, fühlen und leben als schlecht oder zumindest schlechter dargestellt werden, und deshalb auch nicht die gleichen Rechte bekommen brauchen. Das ist unfair und deshalb fühle ich mich diskriminiert. Nicht wegen einer blöden Kopfbedeckung, sondern wegen der allgemeinen Situation, in der die Kopfbedeckung eben nur ein Beispiel von vielen ist.

Schlimm, dass dann eine doch wirklich friedliche Aktion, die auch nicht einmal viel Aufwand gemacht hat, als „unmoralisch“ oder „kulturlos“ bezeichnet wird – was eben genau diese Situation noch weiter verdeutlicht. Ich sehe so etwas als durchaus legitime Ausdrucksmöglichkeit in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft, die an vorhandenen, verkrusteten Strukturen zumindest mal ein wenig rüttelt, in der Hoffnung, dass es irgendwann einmal eine Gleichberechtigung der Emotionen, Gefühle, Weltanschauungen und Lebensweisen gibt.


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RE: Atheist setzt Nudelsieb als religiöse Kopfbedeckung am Ausweisfoto durch - von Conzensus - 26-07-2011, 23:27

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