11-07-2011, 14:37
(10-07-2011, 11:50)Ekkard schrieb: Die Frage ist nur, ob dies in jedem Falle eine relevante Andersartigkeit ist. Einfaches Beispiel: Die Bewegung des Mondes um die Erde. Da gibt es die Keplergesetze, die solche Bewegungen genau beschreiben. Wenn man noch ein Übriges tun will, kann man sie durch relativistische Einflüsse und die Einflüsse der Gravitation von Sonne und den großen Gasplaneten korrigieren. Damit wird eine Beschreibung erreicht, die über Jahrtausende korrekt bleibt. Da kann die Leserin daran herum interpretieren, so viel und solange sie will, es kommt nichts anderes heraus, als was man mit jedem astronomischen Gerät der Welt jeden Tag nachmessen kann.
Relevant werden Interpretationen nur dann, wenn von Bedeutungen die Rede ist, die natürlich überhaupt keine Festlegung in der Natur erfahren. Allerdings meine ich, dass man als Philosoph mit dem Leser Vereinbarungen trifft: Begriffsdefinitionen, Maxime, Forderungen an den behandelten Gegenstand, Prämissen.
Unter diesen Bedingungen kann der Leser zwar "anders lesen" aber die Abweichungen sind nur dann relevant, wenn der Leser sich in logische Denkfehler verirrt.
Gegenüber strengen naturwissenschaftlichen oder philosophischen Texten führt somit eine ungenügende Vorbildung zu Fehlinterpretationen. Da ist das "andersartige Lesen" also einfach nur falsch. Also muss man das korrekte Verständnis bei strengen Texten als Maxime voraus setzen.
Ganz anders verhält es sich mit Texten, die Geschichten erzählen, um eine Ansicht zu transportieren. Da muss diese Ansicht überhaupt nicht beim Leser ankommen, weil sie davon abhängig ist, was Leser oder Leserin erlebt und gelernt haben.
Besser hätte ich es nicht ausdrücken können.
Wunderbar erklärt...