05-07-2011, 14:00
(05-07-2011, 02:28)Karla schrieb: ich habe auch die Möglichkeit. philosophische Texte als literarische zu nehmen. Ich kann auch sie - als Beispiel - dekonstruieren, um sie auf diese Weise ideologiekritisch aufzuknacken. Man kann philosophische Texte nicht nur durch wissenschaftliche Analyse deuten und deren Implikationen herausschälen, sondern auch durch künstlerische Gestaltung.
Sicher kannst du das. Nur wirst du damit nicht immer das herausbekommen, was der Verfasser eigentlich meinte. Und da Philosophen selten schöngeistige Dinge schreiben wollen, in die der geneigte Leser alles hineininterpretieren darf (eben auch ideologische Dinge) wie er mag und nach Lust und Laune sich die Thesen zurechtbiegt, finde ich es ziemlich frech sie für dergleichen zu missbrauchen bzw. mit ihren Schriften Dinge zu rechtfertigen, interpretieren etc. um welche es dem Verfasser in keinster Weise ging.
Das mag bei Lyrik und Literatur generell funktionieren, nicht aber bei streng philosophischen Texten.
(05-07-2011, 00:55)Gundi schrieb: Ein philosophischer Text (und hiermit meine ich streng wissenschaftliche Texte, keine Prosa) ist da etwas anderes. Der Verfasser hat eine klare Meinung (zumindest meistens) und versucht dem Leser diese in logischen Schritten nahezubringen, ihn also an seine Gedanken heranzuführen.
Das finden wir bei den Gottesbeweisen eines Thomas von Aquin ebenso wie bei Sokrates oder Kants Vernunft.
Natürlich steht es dir dennoch frei, auch etwas anderes hineinzuinterpretieren, nur ist das nicht die eigentliche Absicht des Verfassers. Bei anderen Wissenschaften (egal ob Geistes- oder Natur-) ist es ja genauso.
(05-07-2011, 02:28)Karla schrieb: Die Intention eines Werkes finde ich durch die Analyse des Werkes heraus. Und das Ergebnis ist nicht festgelegt.
(05-07-2011, 02:28)Karla schrieb: Verschiedene Epochen haben unterschiedliche Auslegungen hervorgebracht.
Darum geht es aber nicht. Es geht darum dass Philosophen mit ihren Werken bestimmte Dinge ausdrücken wollen, dies meist versuchen auf logischen Schritten zu begründen und eben damit den Spielraum für wilde Interpretation ziemlich einschränken.
Natürlich wird die Interpretation immer schwieriger je weniger vom Autor und dessen Werken bekannt ist...
Das einzelne Epochen unterschiedliche Auffassungen zu bestimmten Begriffen, Sachverhalten oder dergleichen haben ist etwas völlig anderes.
(05-07-2011, 02:28)Karla schrieb: Platons Ideenlehre zum Beispiel hat eine rationalistische Tradition hervorgebracht (Idee als Begriff), aber auch eine mystische (Idee als Urbild). Das lassen Platos Texte zu.
Warum auch nicht. Hier geht es ja nicht um Interpretationen.
(05-07-2011, 02:28)Karla schrieb: Ich kann Textintentionen - die ich von Autorenintention unterscheide - durchaus auch so herausfinden - als Beispiel -, dass ich einen Platontext verkomponiere, um eine Dimension herauszufiltern, die anders als durch eine Komposition nicht herauszufiltern ist. Begriffliche Analysen sind da viel zu grob für.
Da sich die Philosophie der Sprache zur Vermittlung ihrer Ideen bedient und Sprache und Philosophie in totalem Zusammenhang stehen (es gibt durchaus Sprachen die für Philosophie besser geeignet sind als andere. Nicht umsonst ist Deutsch immer noch ganz weit oben), sollte natürlich auch sie benutzt werden um das eigentliche Anliegen des Verfasssers zu ergründen.
Das Philosophie sich nicht mit Kunst mischen darf, wurde ja gar nicht behauptet. Nur sind die rein wissenschaftlichen Texte (und Kants Kritik der reinen Vernunft hat wohl eher weniger Kunstcharackter) nicht frei interpretierbar, sondern haben, ähnlich anderen Wissenschaften, eine Botschaft die auch so rausgelesen werden sollte.
Fairerweise muss aber auch gesagt werden, dass auch Philosophen gerne mit Bildern arbeiten. Sokrates hat dies gerne getan. Nur: Dahinter steckt eine Absicht und zwar den Zuhörer/Leser die eigene Idee nahezubringen. Nicht jedoch ihn mit einem Haufen Interpretationsmöglichkeiten alleine zu lassen.