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Was ist Gott? – eine Diskussion auf naturwissenschaftlicher Basis
(10-12-2013, 21:30)paradox schrieb: Folgendes fiktives Szenario:

Ein Meteor rast in Richtung Erde. Wissenschaftler berechnen, dass dieses die Kapazität hätte, die Menschheit auszulöschen.
Doch der Meteor verändert seltsamerweise seine Bahn und ...
Das Thema beinhaltet quasi einen Gottesbeweis auf naturwissenschaftlicher Basis. Nehmen wir an, deine Szenarien sind hinreichend dokumentiert. Was beweisen sie?

Ein gefährlicher Meteor kann seine Bahn durchaus ändern, wenn ihm ein anderes Objekt begegnet (entweder Zusammenstoß, viel Wahrscheinlicher Gravitationswirkung). Ein empirisches Szenario beweist überhaupt nichts und niemand.

Stimmen (Auditionen) können wir alle im Traum hören. Im Wachzustand haben wir gelernt, solche zu ignorieren - meistens!

Wir sehen also, sachliche Erklärungen gibt es zu Hauf, genauso wie zufälliges Zusammentreffen von Auditionen und Ereignissen. Soweit also die Sachlage!

Was du suchst (und viele andere auch), ist eine existenzielle, tiefere Bedeutung für dich, nicht weil dies Bedeutung notwendig wäre, sondern weil sie deiner Weltsicht, deinen Einstellungen entsprechen. Du trägst also in den Sachverhalt bereits deine Deutung hinein. Das ist nichts Negatives. Aber jeder andere Mensch wird dasselbe tun - mit jeweils unterschiedlichen Ergebnissen.

Also ist die Vorstellung "Gott" ein Deutungsgerüst oder Standpunkt; d. h. für Gläubige wären solche Szenarien, wie du sie geschildert hast, immer ein Hinweis auf das Walten Gottes. Für Nicht-Gläubige sind es entweder singuläre unerklärliche Ereignisse oder Sonderfunktionen unseres "Oberstübchens", wenn es nicht Fehlfunktionen sind. Diese Antinomie ist nicht auflösbar.

Strenger formuliert:
Die Aussage: "Hier finde ich Gottes Walten", beinhaltet ein a priori-Urteil , nämlich: Gott existiert und kann eingreifen. Somit ist das Ergebnis des Erkenntnisprozesses (ausgehend von deinen Szenarien) bereits im Gottesbegriff enthalten. Das Ganze gerät damit zum Zirkelschluss. Zirkelschlüsse beweisen bekanntlich gar nichts.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
(10-12-2013, 21:59)paradox schrieb: Na gut, sagen wir mal, Gott hätte dich überzeugt, indem er dir persönlich erschienen ist und dich überzeugt hat. ... Wie erklärst du (oder ein anderer Mitleser hier) anderen, dass es Gott tatsächlich gibt und dass du es 100% weißt. Keiner würde dir auch nur ein Wort glauben, oder?
Gott kann niemandem erscheinen, einfach weil ER, seine Existenz voraus gesetzt, völlig anders ist als wir.

Es gibt Programmierspiele, bei denen "Agenten" (oder künstliche Ameisen) in einer artifiziellen Welt agieren. Wie (in welcher Form) willst du dich als Programmierer dieser Welt und Schöpfer der "Agenten" offenbaren?
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
(10-12-2013, 20:57)paradox schrieb: Wenn er persönlich in Erscheinung tritt, dann wüsste man es und bräuchte auch nicht mehr zu glauben. Dann hätte man hundert-prozentige Sicherheit, oder vll. doch nicht?

Ich hab eine Weile über diesen Satz nachgedacht und komme zu dem Schluss, dass es wohl darauf hinauslaufen müsste. Wenn Gott wollte, dass ich seine Botschaft ernst nehme, müsste er mir die Chance geben, von ihm zu wissen. Solange ich es immer besser wissen könnte, als ich glaubte, ist der Glaube nichts wert. Wenn Gott mit meiner Realität nicht vereinbar ist, kann ich nichts daran für glaubwürdig halten. Wenn er eine lediglich eine gleichgute Erklärung darstellt wie die Naturwissenschaft, brauche ich ihn als glaubhaftes Konzept ja auch nicht. Nein, er müsste schon die bessere Erklärung sein. Und natürlich wäre ich, sobald das eintritt, über das "Glauben" hinaus. Aber das wäre ja etwas Gutes. Ich finde nämlich nicht, dass Glauben in irgendeiner Weise besser ist als Wissen - bei so existenziellen Dingen wie meinem Leben, meinem Schicksal, meiner Seele, da hätte ich nichts gegen ein bisschen Sicherheit Icon_wink

Aber mal ganz davon abgesehen: Das Gottesbild, auf dessen Grundlage wir hier diskutieren, ist ja ein sehr personales. Und für meine Wahrnehmung ist dieses Gottesbild durch die Theodizeeproblematik widerlegt. Einen personalen Gott halte ich für unlogisch. Und deshalb bin ich mir auch wirklich sehr sicher, dass es einen personalen Gott nicht gibt. Insofern halte ich die Frage "Was müsste Gott tun...?", für relativ irrelevant, denn der Gott, dessen Existenz ich zumindest für einigermaßen möglich halte, will überhaupt nichts.
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)
Für mich ist "Gott" der psycho-soziale Halt, den eine Gesellschaft braucht, um zu funktionieren. Es ist einfach die Frage, wie wir unsere Beziehungen ordnen wollen, um nicht in Konflikten unter zu gehen. Insofern ist ein "personaler Gott" nicht unlogisch (unvernünftig?). Die Theodizee spricht nicht gegen einen "personalen Gott", also ein geistliches Gegenüber. Der Mensch darf nur nicht erwarten, dass seine Welt ihm etwas schuldig sei, bzw. wenn es doch so ist, Gott dies gerade zu rücken hätte. Wenn unsere Welt an manchen Stellen oder zu manchen Zeiten problematisch ist, dann ist es Sache der Menschheit, Vorsorge zu treffen. Das ist die Aufgabe, die Gott an uns delegiert hat. Und die könne wir nicht "zurück delegieren".
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
(10-12-2013, 23:48)Ekkard schrieb: Für mich ist "Gott" der psycho-soziale Halt, den eine Gesellschaft braucht, um zu funktionieren. Es ist einfach die Frage, wie wir unsere Beziehungen ordnen wollen, um nicht in Konflikten unter zu gehen. Insofern ist ein "personaler Gott" nicht unlogisch (unvernünftig?).

Okay, das hat ja aber mit der Frage, ob Gott in der Realität so existiert, wie wir ihn uns vorstellen, erstmal wenig zu tun. Ich kann mich mit deiner Idee wirklich wunderbar anfreunden, halte aber die Frage nach Gottes Existenz für eine andere als die Frage, wie nützlich ein Gotteskonstrukt für eine Gesellschaft ist. Insofern, um es zu präzisieren: Ich halte die Existenz eines personalen Gottes für höchst unwahrscheinlich, aber die Idee eines personalen Gottes kann dennoch genau die Funktion erfüllen, die du hier aufzeigst.
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)
(10-12-2013, 23:34)Keksdose schrieb: Wenn er eine lediglich eine gleichgute Erklärung darstellt wie die Naturwissenschaft, brauche ich ihn als glaubhaftes Konzept ja auch nicht. Nein, er müsste schon die bessere Erklärung sein.

Wie wärs mit "zusätzlich"?
Du stellst der Religion und dem Glauben naturwissenschaftliche Fragen.
Da wirst du keine Antwort finden.
(10-12-2013, 23:48)Ekkard schrieb: Die Theodizee spricht nicht gegen einen "personalen Gott", also ein geistliches Gegenüber.

Ich gebe zu, das kann man so eigentlich nicht behaupten. Behauptung zurückgenommen! Aber die Theodizee spricht imho sehr deutlich gegen die Existenz eines personalen, gnädigen, liebenden und allmächtigen Gegenübers. Gäbe es dieses Gegenüber, sähe unsere Realität anders aus. Du kannst das die Delegation einer Aufgabe nennen, aber in meinen Augen widersprechen sich hier die Eigenschaftszuschreibungen des theistischen Gottesbildes einfach zu sehr, um das Problem auf uns Menschen "abzuwälzen". Das wäre lediglich die Antwort auf die pragmatische Frage: "Welche Konsequenz, bzw. welchen Nutzen hat der Gottesglaube für eine Gesellschaft?" Und diese Frage zu stellen halte ich für mehr als legitim, aber sie ist meiner Meinung nach eher eine sozialpsychologische, als theologische Fragestellung.
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)
(10-12-2013, 23:58)Mustafa schrieb:
(10-12-2013, 23:34)Keksdose schrieb: Wenn er eine lediglich eine gleichgute Erklärung darstellt wie die Naturwissenschaft, brauche ich ihn als glaubhaftes Konzept ja auch nicht. Nein, er müsste schon die bessere Erklärung sein.

Wie wärs mit "zusätzlich"?
Du stellst der Religion und dem Glauben naturwissenschaftliche Fragen.
Da wirst du keine Antwort finden.

Naja, also könntest du dir einen Fall vorstellen, in dem Gott sich zweifelsfrei offenbart, in dem gleichzeitig Gott und eine alternative, naturwissenschaftliche Erklärung zutreffend sind? Wenn wir so spekulieren, was passieren müsste, damit Gott auch für einen Atheisten Teil der wahrgenommenen Realität sein kann, dann müssen wir auf einer Basis spekulieren, die Gott zumindest potentiell als Teil der Realität annimmt. Und dann sollte sich das Gotteskonstrukt auch mit naturwissenschaftlichen Fragen nicht beißen. (Ich stimme dir zu, dass das nicht möglich ist. Ich halte ja aber auch Gott nicht für einen Teil der Realität. Insofern ist das für mich kein logisches Problem, sondern in diesem Fall eine vergnügliche, kreative Spekulation.)
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)
(10-12-2013, 23:48)Ekkard schrieb: Insofern ist ein "personaler Gott" nicht unlogisch (unvernünftig?).

Sondern schon laut Kant ein Ding der praktischen Vernunft.
(11-12-2013, 00:03)Keksdose schrieb: sondern in diesem Fall eine vergnügliche, kreative Spekulation

Sowas ist Kultur immer.
Wenn ich so nachlese Bibel oder Koran kann Gott nicht verstanden werden, weil er nicht die
Fähigkeit der Erkenntnis besitzt.

Bibel: "Die Wege des Herrn sind unergründlich........"
Koran: " Allah hat nicht alles offenbart, um die Menschen zu schonen,
da es sie, ihrer Anlage nach, nur in Verwirrung und Schrecken versetzen würde......."

Das heisst wir sind zu blöd für Gotteserkenntnis geschaffen worden.
(10-12-2013, 23:59)Keksdose schrieb: ... in meinen Augen widersprechen sich hier die Eigenschaftszuschreibungen des theistischen Gottesbildes einfach zu sehr, um das Problem (Theodizee) auf uns Menschen "abzuwälzen".
Das denke ich auch. Die Zuschreibung gewisser Eigenschaften an die Entität "Gott", macht bei konsequenter Schlussweise eben diesen Gott unmöglich. Für mich ist dies ein klares Zeichen dafür, dass die Denkweise die falsche Richtung einschlägt. Für mich ist es immer noch so, dass Gott eine Voraussetzung ist, ein Standpunkt, von dem ausgehend meine Handlungen ihr Urteil finden. Die Blickrichtung aus der Froschperspektive auf die Existenzebene des Göttlichen führt m. E. in die Irre.

(10-12-2013, 23:59)Keksdose schrieb: Das wäre lediglich die Antwort auf die pragmatische Frage: "Welche Konsequenz, bzw. welchen Nutzen hat der Gottesglaube für eine Gesellschaft?" Und diese Frage zu stellen halte ich für mehr als legitim, aber sie ist meiner Meinung nach eher eine sozialpsychologische, als theologische Fragestellung.
Da stimme ich dir zu. Aber Theologie beschäftigt sich nach meiner Anschauung nicht mit den Zuschreibungen, sondern mit dem historischen Werden verschiedener Gottesvorstellungen, Riten, dem Verhältnis von Mythos und Historie und den Beziehungen Glaubender. Die Gotteseigenschaften, wie wir sie hier im Hinterkopf haben, sind eine heikle, weil widersprüchliche Angelegenheit. Ich denke, das ist den Berufstheologen auch klar.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
(11-12-2013, 00:38)Ekkard schrieb: Die Blickrichtung aus der Froschperspektive auf die Existenzebene des Göttlichen führt m. E. in die Irre.

Und was macht man dann, wenn man etwas über die tatsächliche Existenz Gottes herausfinden möchte?
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)
(11-12-2013, 00:43)Keksdose schrieb:
(11-12-2013, 00:38)Ekkard schrieb: Die Blickrichtung aus der Froschperspektive auf die Existenzebene des Göttlichen führt m. E. in die Irre.

Und was macht man dann, wenn man etwas über die tatsächliche Existenz Gottes herausfinden möchte?

Aufgeben, wir sind zu dumm geschaffen, "Die Wege des Herrn sind unergründlich.."
(11-12-2013, 00:43)Keksdose schrieb: Und was macht man dann, wenn man etwas über die tatsächliche Existenz Gottes herausfinden möchte?

Z.B. die christliche Definition lautet im Grunde "Gott ist die Liebe".
Nun kann man sich sicher darüber streiten, ob man sowas wie "christliche Nächstenliebe" in den Status einer "tatsächlichen Existenz" heben will, oder ob das alles nur chemische Vorgänge im Körper sind.


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