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Kommunion & Konfirmation - zu früh ?
#31
(01-10-2012, 16:38)petronius schrieb:
(01-10-2012, 16:09)Sidereus_Nuncius schrieb: :D das ist ja grade das was ich kritisiere !

was jetzt genau?

dein eigenes verhalten?

versteh ich jetzt nicht - wenn dir glaube was bedeutet, müßtest du doch froh sein, dich dazu bekannt zu haben

und wenn nicht, kanns dir doch egal sein

Natürlich ist mir im Nachhinein auch mein eigenes Verhalten unangenehm. Es ging damals mehr um die Geschenke als alles andere. Wieder mehr Zeit mit Freunden aus der Grundschule zu verbringen (die nun alle auf andere Schulen gingen) war auch toll. Auch die Freizeiten haben Spaß gemacht.
Die Gemeinschaft ist sicherlich auch das, was dabei wirklich erstrebenswert ist. Aber um den Glauben ging es sicher nicht.

Ich kritisiere also sowohl die Einstellung der Kirche, als auch mein eigenes Verhalten.
Um es nochmal auf den Punkt zu bringen: gemeinschaftlicher Religionsunterricht in der Kirche, der sonntägliche Kirchgang, die Freizeiten: alles ok, um Einblicke zu gewähren. Auch in dem Alter kein Problem.
Aber: Für mich macht es keinen Sinn dieses Gelübde vor der Gemeinde abzulegen.

Mich würde auch mal interessieren, wie genau das hier die "Vollblut-Christen" sehen ? Wie bereits festgestellt, ist Konfirmation ein wichtiger Tag im Leben des Christen --> sollte dementsprechend auch eine besondere Bedeutung haben. Wäre es nicht erstrebenswerter eine kleine Gruppe aufrechter Konfirmanden aufzunehmen, als eine große Gruppe voller Menschen, die das Ganze eh nicht ernst nehmen und danach die Kirchenbesuche auch weglassen ?
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#32
(01-10-2012, 22:45)Ekkard schrieb: Wenn ich mir die diversen Beiträge durchlese, schleicht sich der Verdacht ein, dass hier in Mitteleuropa grundsätzlich etwas falsch läuft. Im Grunde müssten doch Eltern höchst interessiert daran sein, ihre Kinder in die Gesellschaft einzuführen, in der sie leben müssen.

"Gott sei dank" besteht unsere Gesellschaft ja nicht nur aufgrund eines gemeinsamen Glaubens. In die "Gesellschaft einführen" kann auch ohne Glauben geschehen.

(01-10-2012, 22:45)Ekkard schrieb: Für mich sieht das Ganze so aus, dass durch eine Art ständige Globalisierung eine Generation entwurzelter Menschen heran wächst, für die das, was ihre soziale Umgebung macht, "sinnfreie Übungen" sind. Was ist denn überhaupt noch Gemeinsinn stiftend?

Wenn man die "Übungen" seiner Mitmenschen nicht teilt ist das nun mal so und ich sehe keinen Sinn darin krampfhaft an solchen "Übungen" festzuhalten.

Ansonsten denke ich, ist es nur natürlich dass sich Gesellschaften ändern. Die Globalisierung bzw. globales Denken ist in der heutigen kleinen Welt eine Notwendigkeit. Dies muss jedoch nicht bedeuten, dass man seine Wurzeln veliert. Vieleicht eher, dass man neu über seine Wurzeln nachdenkt.

(01-10-2012, 22:45)Ekkard schrieb: Ich befürchte, dass Vertrauen in die soziale Gruppe durch Vertrauen in Idelogie-Gemeinschaften ersetzt wird. War vielleicht der übertriebene Nationalstolz in Deutschland (und anderswo) keine so ganz unerklärliche Entgleisung der Gesellschaft, sondern hat seine Wurzeln in der Bindungslosigkeit der Individuen, denen ihre unmittelbare soziale Umwelt fremd geworden ist?

Sehe ich nicht prinzipiell so. Ob Vertrauen in eine Gruppe oder eine Ideologie ist oftmals ähnlich. Bei beidem darf man das eigene Denken nicht ausschalten.
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#33
Ein schönes Thema, das auch mich bewegt. Wie du dir denken kannst, habe ich jedoch eine gegenteilige Auffassung. Ich möchte mich mit Menschen umgeben, die nicht durch Zufall meine Nachbarn sind, mit denen ich aber sonst gar nichts anzufangen weiß, sondern mit Menschen, mit denen ich Werte und Interessen teile.
Gerade die Mobilität, die ich in den letzten 20 Jahren erleben durfte (ich habe etwa zehnmal den Wohnort gewechselt), hat mir eine unglaubliche Einsicht und Erweiterung meines Horizontes beschert, der eine Verwurzelung und dauerhafte Bindung im Wege gestanden hätte. Die Entwicklung, die du als negativ empfindest, sehe ich als positive an.
Worte wie soziale Umgebung und Gemeinsinn klingen für mich tatsächlich nicht verlockend - denn gerade diese sind für mich ideologisch besetzt, sie bedeuten für mich "Gruppenzwang". Das Ausleben der Individualität in gewünschten und selbst zusammengestellten Gruppen ist für mich einer der wichtigsten Werte der Postmoderne.
Es gibt weder gut noch böse in der Natur, es gibt keine moralische Entgegensetzung, sondern es gibt eine ethische Differenz. (Gilles Deleuze)
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#34
(01-10-2012, 23:02)schmalhans schrieb: Ein schönes Thema, das auch mich bewegt. Wie du dir denken kannst, habe ich jedoch eine gegenteilige Auffassung. Ich möchte mich mit Menschen umgeben, die nicht durch Zufall meine Nachbarn sind, mit denen ich aber sonst gar nichts anzufangen weiß, sondern mit Menschen, mit denen ich Werte und Interessen teile.

Es kann jedoch auch gerade interessant sein, sich mit Menschen zu umgeben die man sich vieleicht nicht selber als Freunde ausgesucht hätte. Auch so kann man vieles lernen und Freundschaften entstehen.

(01-10-2012, 23:02)schmalhans schrieb: Worte wie soziale Umgebung und Gemeinsinn klingen für mich tatsächlich nicht verlockend - denn gerade diese sind für mich ideologisch besetzt, sie bedeuten für mich "Gruppenzwang".

Sehe ich ähnlich. Gruppen lassen oftmals kein Anders-sein zu. Entweder man macht mit oder man bleibt außen vor. Kann mich noch gut daran erinnern, wie ich mit bunten Haaren durch unser stockkatholisches Dorf gelaufen bin Icon_wink Das war nicht immer lustig.
Natürlich kann eine Gruppe auch sehr positiv sein. Kommt vermutlich immer auf die Gruppe an.
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#35
(01-10-2012, 22:05)schmalhans schrieb: Mich interessiert, wie ihr es mit den eigenen Kindern handhabt oder handhaben wollt. Sollen sie die (vielleicht ungeliebte) Tradition fortsetzen (weil es so üblich ist) oder bietet ihr eine Alternative?

Wichtige Frage. Ich persönlich finde die Idee einer Taufe aus anderen als den religiösen Gründen schön. Wenn ich mal ein Kind kriege, wird es deshalb auf jeden Fall eine Art "Geburtsfest" bekommen, ein Fest, mit dem man mit der Familie ein neues Familienmitglied feiert und willkommen heißt. Ich werde aber (solange mein Partner nicht darauf besteht) keine Taufe vornehmen lassen, werde mich aber bemühen, dem Kind nach und nach zu erklären, was es mit dem Glauben auf sich hat, was für verschiedene Positionen zu diesem Thema bestehen und welche Entscheidungen es treffen darf. Soweit zumindest der Plan... Icon_cheesygrin

Ich kenne aber Gleichaltrige, die das ganz anders sehen. Da gibt es zum einen tief verwurzelte Jugendliche, die Gemeindearbeit machen, unter einem solchen Egagement aufgewachsen sind und es jetzt weiterführen. Die werden ihre Kinder ganz sicher aus diesen Gründen taufen lassen. Weil sie diese Gemeinschaft als so wichtig empfinden.
Und dann gibt es da noch die breite Masse, die ihr Kind "einfach mal so" taufen lassen wird (wie ich vermute, es sei denn, sie entwickeln bis dahin ein neues, reflektiertes Bild vom Glauben). Sie setzen eine Tradition fort, die für sie selbst zwar austauschbar gewesen wäre, aber jetzt nun mal zufällig christlich geworden ist. Da geht es nicht um Inhalte sondern um den Fortgang eines bewährten Prinzips, um das mal so auszudrücken.

(01-10-2012, 22:45)Ekkard schrieb: Im Grunde müssten doch Eltern höchst interessiert daran sein, ihre Kinder in die Gesellschaft einzuführen, in der sie leben müssen. Für mich sieht das Ganze so aus, dass durch eine Art ständige Globalisierung eine Generation entwurzelter Menschen heran wächst, für die das, was ihre soziale Umgebung macht, "sinnfreie Übungen" sind. Was ist denn überhaupt noch Gemeinsinn stiftend?

Hm. Könntest du das mit den entwurzelten Menschen für mich ein bisschen genauer definieren? Ich denk drüber nach und komm nicht drauf, was genau du damit meinst. Vielleicht ist der Begriff für mich auch schon zu sehr besetzt.

Die letzte Frage finde ich aber besonders wichtig. Vor einigen Jahren war einmal ein Sozial...(-pädagoge, -arbeiter, mea culpa ich weiß es nicht mehr) an unserer Schule und machte mit uns ein "Experiment". Gruppenbildung nach verschiedenen Interessensgemeinschaften. Da gab es dann eine Ebene mit verschiedenen Hobbies, eine Ebene mit Konfessionen, eine Ebene mit ethnischer Abstammung... eine Gruppe, da wo keiner stand, das waren die "Weltenbürger". Sprich; eine Welt, eine Gemeinschaft.

Als ich deinen Beitrag gelesen hab, musste ich irgendwie wieder daran denken. Vielleicht muss unser Gemeinsinn mit der Globalisierung mitwachsen. Vielleicht müssen wir anfangen, uns in größeren Gruppen verwurzelt zu fühlen als nur einer Gemeinde. Um der Globalisierung letztendlich auch nachhaltig zu begegnen. Aber, hey, das wird jetzt ein völlig anderes Thema, sorry... Eusa_angel

(01-10-2012, 22:45)Ekkard schrieb: War vielleicht der übertriebene Nationalstolz in Deutschland (und anderswo) keine so ganz unerklärliche Entgleisung der Gesellschaft, sondern hat seine Wurzeln in der Bindungslosigkeit der Individuen, denen ihre unmittelbare soziale Umwelt fremd geworden ist?

Oh, ein düsteres Bild. Kann es sein, dass du damit in ein ganz anderes Thema greifst?
Man sagt, dass die Jugend von heute besonders desozialisiert wird, social networcs (Ist das hier nicht auch eines?^^) macht ihnen ("uns", muss ich ja sagen) die soziale Umgebung fremd. Demnach müssten wir ja einer ganz schrecklichen Entwicklung entgegensehen. Ich kenne sozialentfremdete Jugendliche, ich kenne auch rechtsgerichtete Jugendliche, aber das sind nicht unbedingt die selben.

...Gefirmt sind sie übrigens alle. Eusa_shifty
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)
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#36
(01-10-2012, 23:09)Gundi schrieb:
(01-10-2012, 23:02)schmalhans schrieb: Worte wie soziale Umgebung und Gemeinsinn klingen für mich tatsächlich nicht verlockend - denn gerade diese sind für mich ideologisch besetzt, sie bedeuten für mich "Gruppenzwang".

Sehe ich ähnlich. Gruppen lassen oftmals kein Anders-sein zu. Entweder man macht mit oder man bleibt außen vor. Kann mich noch gut daran erinnern, wie ich mit bunten Haaren durch unser stockkatholisches Dorf gelaufen bin Icon_wink Das war nicht immer lustig.
Natürlich kann eine Gruppe auch sehr positiv sein. Kommt vermutlich immer auf die Gruppe an.

Lässt sich auch super auf das Thema anwenden. Als entschiedener Nicht-Firmling wird man nämlich ebenfalls schief angeschaut, sogar von eigentlich atheistischen Gewohntheits-Christen. Das dauert immer erstmal ne Sekunde bis der Schock über ein bisschen Individualität überwunden ist und man nach den Motiven hinter der Tat fragt - obwohl es ja eigentlich um das Nichtbegehen einer Tat ging... Eusa_think

Ganz kurz OT, vergebt mir, aber es ist zu verlockend:
Es gab genau einen Menschen der einen (subtil?) abfälligen Kommentar über meine lila Haare parat hatte: Meine Lehrerin für kath. Religion... Icon_cheesygrin
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)
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#37
(01-10-2012, 22:05)schmalhans schrieb: Mich interessiert, wie ihr es mit den eigenen Kindern handhabt oder handhaben wollt. Sollen sie die (vielleicht ungeliebte) Tradition fortsetzen (weil es so üblich ist) oder bietet ihr eine Alternative?

bei meiner kirchlichen katholischen trauung (ja, das geht - auch für nicht gläubige. meiner frau wars wichtig, mir wars egal) mußte ich zusagen, unsere kinder katholisch zu erziehen. war für mich kein problem, weil ich der meinung bin, das eigene denken setzt sich sowieso früher oder später durch und unbeschadet von religionsunterricht, erstkommunion, firmung etc. würden meine kinder auch so genug von meiner eigenen haltung mitbekommen, um das in ihre bewertung einzubeziehen
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#38
(01-10-2012, 22:45)Ekkard schrieb: Wenn ich mir die diversen Beiträge durchlese, schleicht sich der Verdacht ein, dass hier in Mitteleuropa grundsätzlich etwas falsch läuft. Im Grunde müssten doch Eltern höchst interessiert daran sein, ihre Kinder in die Gesellschaft einzuführen, in der sie leben müssen

aber genau das ist doch der fall!

das ganze kirchenbrimborium ist nun mal weitestgehend nicht mehr als folklore

(01-10-2012, 22:45)Ekkard schrieb: Für mich sieht das Ganze so aus, dass durch eine Art ständige Globalisierung eine Generation entwurzelter Menschen heran wächst, für die das, was ihre soziale Umgebung macht, "sinnfreie Übungen" sind. Was ist denn überhaupt noch Gemeinsinn stiftend?

na, eben nicht die kirche im sinne einer aktiven glaubensgemeinschaft

gibt doch genug andere möglichkeiten, selbst für die kirche. an den diversen kirchlichen jugendveranstaltungen z.b. kann man doch durchaus spaß haben, auch ohne den mitwabernden glaubenszinnober ernst zu nehmen

(01-10-2012, 22:45)Ekkard schrieb: Ich befürchte, dass Vertrauen in die soziale Gruppe durch Vertrauen in Idelogie-Gemeinschaften ersetzt wird. War vielleicht der übertriebene Nationalstolz in Deutschland (und anderswo) keine so ganz unerklärliche Entgleisung der Gesellschaft, sondern hat seine Wurzeln in der Bindungslosigkeit der Individuen, denen ihre unmittelbare soziale Umwelt fremd geworden ist?



denk an die "deutschen christen"
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#39
(01-10-2012, 22:59)Sidereus_Nuncius schrieb: Wäre es nicht erstrebenswerter eine kleine Gruppe aufrechter Konfirmanden aufzunehmen, als eine große Gruppe voller Menschen, die das Ganze eh nicht ernst nehmen und danach die Kirchenbesuche auch weglassen ?

nein, denn es handelt sich doch um künftige kirchensteuerzahler Icon_cheesygrin
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#40
(02-10-2012, 09:03)petronius schrieb:
(01-10-2012, 22:59)Sidereus_Nuncius schrieb: Wäre es nicht erstrebenswerter eine kleine Gruppe aufrechter Konfirmanden aufzunehmen, als eine große Gruppe voller Menschen, die das Ganze eh nicht ernst nehmen und danach die Kirchenbesuche auch weglassen ?

nein, denn es handelt sich doch um künftige kirchensteuerzahler Icon_cheesygrin

:D jaaa...genau der Gedanke kam mir ja auch.
Das meinte ich in meinem Eingangspost mit "frühzeitig an die Kirche binden"
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#41
(02-10-2012, 14:58)Sidereus_Nuncius schrieb: Das meinte ich in meinem Eingangspost mit "frühzeitig an die Kirche binden"

ich denke, ich verstehe deinen standpunkt schon. aus der sicht des wirklich gläubigen stellt es eine art entweihung bzw. einen blasphemischen akt dar, solche rituale nicht beim wörtlichen bedeutungswert zu nehmen (z.b. "konfirmation" = "bestätigung im glauben bzw. des glaubens"), insofern bedarf es dazu eben bestimmter voraussetzungen - es muß eine bewußte und verantwortungsvolle entscheidung sein, was als erstes voraussetzt, daß der sich hier verpflichtend festlegende (auf englisch drückt das viel eleganter der begriff des "commitment" aus) auch dazu in der lage ist, so eine weitreichende entscheidung zu treffen. insofern ist dazu natürlich ein gewisses alter oder, besser, eine bestimmte persönliche reife erforderlich

das ist der sollzustand, bzw. vielfach die graue theorie. in der praxis haben sich natürlich ganz andere funktionen dieser rituale entwickelt, sodaß man die ursprüngliche bedeutung nur noch mit einem gewissen augenzwinkern vor sich herträgt - wohl wissend, daß das hohle fassade ist und de facto zu etwas ganz anderem dient, als qua lippenbekenntnis beteuert wird. dem kommt entgegen, daß ja vieles im kirchlichen ritus zur reinen hohlfloskel verkommen ist, die zwar einen gewissen wohlfühlwert des gemeinschaftlichen erlebens bewirkt, aber von niemandem beim wort genommen wird (wer vergibt denn schon tatsächlich seinen schuldigern, wenn er das glaubensbekenntnis murmelt?)

das mag man nun betrauern - in eher fundamentalistischen zirkeln tut man das auch und errichtet ein wahrhaftigkeitsgebäude (z.b. der erwachsenentaufe), welches aber seinerseits doch auch wieder zur fassade verkommt - denn welcher brave sohn aus gut evangelikalem haus wird schon seine eltern, die zu lieben und achten sein (zweit)höchster auftrag sind, so enttäuschen, daß er seine taufe verweigert?

oder man akzeptierts. im ekkardschen sinn: wenns denn der gemeinschaftsbildung dienlich ist...
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#42
(02-10-2012, 15:15)petronius schrieb: ich denke, ich verstehe deinen standpunkt schon. aus der sicht des wirklich gläubigen stellt es eine art entweihung bzw. einen blasphemischen akt dar, solche rituale nicht beim wörtlichen bedeutungswert zu nehmen (z.b. "konfirmation" = "bestätigung im glauben bzw. des glaubens"), insofern bedarf es dazu eben bestimmter voraussetzungen - es muß eine bewußte und verantwortungsvolle entscheidung sein, was als erstes voraussetzt, daß der sich hier verpflichtend festlegende (auf englisch drückt das viel eleganter der begriff des "commitment" aus) auch dazu in der lage ist, so eine weitreichende entscheidung zu treffen. insofern ist dazu natürlich ein gewisses alter oder, besser, eine bestimmte persönliche reife erforderlich

Genau das wollte ich damit sagen. Wobei es mir nicht um mich geht. Versuche mich nur in die Lage der Gläubigen hinein zu versetzen.

(02-10-2012, 15:15)petronius schrieb: das ist der sollzustand, bzw. vielfach die graue theorie. in der praxis haben sich natürlich ganz andere funktionen dieser rituale entwickelt, sodaß man die ursprüngliche bedeutung nur noch mit einem gewissen augenzwinkern vor sich herträgt - wohl wissend, daß das hohle fassade ist und de facto zu etwas ganz anderem dient, als qua lippenbekenntnis beteuert wird. dem kommt entgegen, daß ja vieles im kirchlichen ritus zur reinen hohlfloskel verkommen ist, die zwar einen gewissen wohlfühlwert des gemeinschaftlichen erlebens bewirkt, aber von niemandem beim wort genommen wird (wer vergibt denn schon tatsächlich seinen schuldigern, wenn er das glaubensbekenntnis murmelt?)

das mag man nun betrauern - in eher fundamentalistischen zirkeln tut man das auch und errichtet ein wahrhaftigkeitsgebäude (z.b. der erwachsenentaufe), welches aber seinerseits doch auch wieder zur fassade verkommt - denn welcher brave sohn aus gut evangelikalem haus wird schon seine eltern, die zu lieben und achten sein (zweit)höchster auftrag sind, so enttäuschen, daß er seine taufe verweigert?

oder man akzeptierts. im ekkardschen sinn: wenns denn der gemeinschaftsbildung dienlich ist...

Für mich ist das in der Tat ein sehr trauriger Gedanke.
Setzen wir vorraus, dass diese Religion den Menschen Gutes geben soll.
Halt in der Gemeinschaft, innerer Frieden, was auch immer.
Ist dann dieser "Egoismus der Kirche" das annehmbare kleinere Übel für ein größeres Wohl (im Sinne der oben genannten Vorraussetzungen) ?
Erscheint mir persönlich nicht so. Die Konfirmierten, die ich kenne, betätigen sich nicht aktiv in der Gemeinschaft. Der ein oder andere besucht zu gegebenen Umständen evtl mal einen Gottesdienst. Aber auch eher unfreiwillig. Das dient also auch nicht der Gemeinschaftsbildung.
Werden manche dieser Leute sich in ihrem späteren Leben evtl stärker am Gemeindeleben beteiligen ? Gewiss ! Wird dafür deren Konfirmation ausschlaggebend sein ? Ich denke nicht. Die meisten Menschen werden sich erst spät im Leben Gedanken über Spiritualität machen. Man sieht es in der Kirche: Der Altersdurchschnitt im Gottesdienst ist nunmal recht hoch. Wie gesagt möchte ich der christlichen Kirche nicht absprechen, dass sie den Menschen in dieser Situation dann eine Stütze ist. Der Glaube ist hierbei für mich aber "austauschbar". Da wir alle Produkte unserer Umgebung sind, würden wir uns (selbst bei frühzeitiger Konfirmation) in einer völlig anderen Umgebung (z.B. anderer Kulturkreis) einem anderen Glaubens anschließen können, um die gewünschte Gemeinschaft zu erhalten.
Was bleibt unterm Strich: Die von dir angeführten monetären Gründe
Ist das rechtens ? Meiner Meinung nach nicht
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#43
(02-10-2012, 15:59)Sidereus_Nuncius schrieb: Wobei es mir nicht um mich geht. Versuche mich nur in die Lage der Gläubigen hinein zu versetzen

so ist das auch bei mir angekommen

(02-10-2012, 15:59)Sidereus_Nuncius schrieb: Werden manche dieser Leute sich in ihrem späteren Leben evtl stärker am Gemeindeleben beteiligen ? Gewiss ! Wird dafür deren Konfirmation ausschlaggebend sein ? Ich denke nicht

sagen wir mal so: die hoffnung stirbt zuletzt...

unser pfarrer damals war bestimmt ehrlich davon überzeugt, einige von uns für den glauben gewinnen zu können. und bei mir hats ja mittelbar auch fast geklappt, aus den kontakten im zusammenhang mit der konfirmation hat sich ein paar jahre später die mitwirkung in einer christlichen jugendgruppe ergeben, aus der sich durchaus eine jesus-schwärmerei meinerseits ergeben hat (nur wächst man halt aus sowas auch wieder heraus, wenn die religiöse selbstbesoffenheit der rationalen ernüchterung weicht)

(02-10-2012, 15:59)Sidereus_Nuncius schrieb: Die meisten Menschen werden sich erst spät im Leben Gedanken über Spiritualität machen

ich seh das eher so, daß eine "spirituelle phase" zu jeder klassischen adoleszenz gehört. hält halt nicht ewig - bei mir ging die jesusschwärmerei sozusagen über in einen idealistischen vulgärmarxismus, der dann eben von einer realistischen weltsicht abgelöst wurde

(02-10-2012, 15:59)Sidereus_Nuncius schrieb: Man sieht es in der Kirche: Der Altersdurchschnitt im Gottesdienst ist nunmal recht hoch

aber grade die alterchen sind doch zumeist eher traditionschristen als wirklich gläubige, halt großgeworden in einer zeit, als "man" noch "religiös" war (jedenfalls nach außen hin). die angstgeborene spiritualität (noch schnell an gott glauben, bevor man in die grube fährt, denn man kann ja doch nie wissen...) kommt oft erst dann, wenn sich das in der kirche hocken körperlich gar nicht mehr ausgeht

(02-10-2012, 15:59)Sidereus_Nuncius schrieb: Da wir alle Produkte unserer Umgebung sind, würden wir uns (selbst bei frühzeitiger Konfirmation) in einer völlig anderen Umgebung (z.B. anderer Kulturkreis) einem anderen Glaubens anschließen können, um die gewünschte Gemeinschaft zu erhalten

absolut

ob konfirmation oder jugendweihe - same, same, but different
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#44
(02-10-2012, 15:59)Sidereus_Nuncius schrieb: Die Konfirmierten, die ich kenne, betätigen sich nicht aktiv in der Gemeinschaft.
Die Konfirmierten im Sinne von alle Konfirmierten werden wohl nie alle weiterhin mitarbeiten. Ich weiß nicht in welcher Art von Gemeinde ihr lebt. Hier auf dem Köln nahen Land besteht eine lebendige Gemeinde mit vielen Helfern und angehenden Jugendleitern aus dem Kreis der Konfirmierten. Manchmal denke ich, dass derartige Aktivitäten auch nicht gesehen werden, wenn man nur ab und zu mal den (langweiligen Durchschnitts-) Gottesdienst besucht. Bei Familien- und Sondergottesdiensten mit Band etc. sieht die Sache schon deutlich anders aus.
Wir haben hier ganze lückenlose Karrieren von der Konfirmation über Helferkreise bis in die Sozialpädagogik und andere Sozialberufe.

(02-10-2012, 15:59)Sidereus_Nuncius schrieb: Werden manche dieser Leute sich in ihrem späteren Leben evtl stärker am Gemeindeleben beteiligen ? ...Wird dafür deren Konfirmation ausschlaggebend sein ? Ich denke nicht.
Es gibt in der Tat eine Lücke in der Gemeinde der in der Berufsausbildung stehenden und der Berufsanfänger. Aber das ist - denke ich - verständlich. Denn diese Zeit ist extrem arbeitslastig und fällt in die Phase der Familienentstehung. Solche Menschen sieht man dann plötzlich bei deren Hochzeit wieder.

(02-10-2012, 15:59)Sidereus_Nuncius schrieb: Die meisten Menschen werden sich erst spät im Leben Gedanken über Spiritualität machen. Man sieht es in der Kirche: Der Altersdurchschnitt im Gottesdienst ist nunmal recht hoch.
Spiritualität ist nicht unbedingt Motiv, Gottesdienste zu besuchen. Mein Motiv und das vieler meiner Bekannten sind eine gute Predigt oder in den Arbeitskreisen und Foren ein guter Vortrag. Die ewig gleiche Leier der Liturgie kann mit "gestohlen bleiben". (Sie stiehlt bloß keiner Icon_sad )

Im Übrigen bin ich davon überzeugt, dass wir, um global zurecht zu kommen, im Kleinen Vertrauen und soziale Kompetenz lernen müssen. Die Großgruppe (also gleich die Zivilgemeinde, die Kommune, die Businesswelt oder gar die Welt) machen m. E. bindungslos und führen zu einer Art Burnout-Syndrom. Die von Schmalhans gelobte Vielfalt ist nur dann stressfrei erträglich, wenn man weiß, aus welchem "Nest" man kommt, wo gewissermaßen (psychisch) "zu Hause" ist.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#45
(02-10-2012, 21:33)Ekkard schrieb: Im Übrigen bin ich davon überzeugt, dass wir, um global zurecht zu kommen, im Kleinen Vertrauen und soziale Kompetenz lernen müssen.

Dazu bedarf es jedoch nicht zwangsläufig einer Gemeinde. Familie, Freundeskreis, Vereine ... erfüllen den gleichen Zweck.

(02-10-2012, 21:33)Ekkard schrieb: Die Großgruppe (also gleich die Zivilgemeinde, die Kommune, die Businesswelt oder gar die Welt) machen m. E. bindungslos und führen zu einer Art Burnout-Syndrom.

Wie kommst du darauf?
Mir scheint du zeichnest hier eine rosarote Gemeindewelt, die so nun mal nicht für jeden Menschen existiert. Eventuell wünschen sich das viele, von Burnout aufgrund einer globalisierten Welt kann doch nun aber wirklich keine Rede sein.

(02-10-2012, 21:33)Ekkard schrieb: Die von Schmalhans gelobte Vielfalt ist nur dann stressfrei erträglich, wenn man weiß, aus welchem "Nest" man kommt, wo gewissermaßen (psychisch) "zu Hause" ist.

Ich habe eher erlebt, dass die Jenigen welche durch Gemeindearbeit, Jugendgruppen, Hochzeit im selben Ort etc. seltener überhaupt den Schritt "in die weite Welt" wagen bzw. schnell wieder zurück kommen. "Burnout" vieleicht erst durch eine starke Bindung an die Gemeinde?
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