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Franziskanerorden
#1
Mich w
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#2
kaktus schrieb:Mich würde interessieren, ob der Abt das Geld von den Franziskanern verwaltet und ob man das Geld bei einem Austritt wiederbekommt. Hab einmal gehört, das das Geld für Verpflegung und so weiter von allen zusammengeschmissen wird, aber heute hat mein Geschichtslehrer erzählt, dass die ihr Geld bei einem möglichen Austritt wiederbekommen. Was stimmt denn??
Weis das jemand?


Hallo Kaktus.

Grundsätzlich kann man sagen, dass es den Brüdern des Franziskanerordens, ebenso wie jedem/r anderem katholischen Ordensmann/frau, die die Gelübde der Armut abgelegt haben, verboten ist eigenes Geld und Eigentum zu besitzen.

Die bulletierte Ordensregel von 1223 schreibt es so:

Kapitel 1

Im Namen des Herrn !

Es beginnt die Lebensweise der Minderen Brüder:

1. Regel und Leben der Minderen Brüder ist dieses, nämlich unseres Herrn Jesu Christi heiliges Evangelium zu beobachten durch ein Leben in Gehorsam, ohne Eigentum und in Keuschheit.
2. Bruder Franziskus verspricht Gehorsam und Ehrerbietung dem Herrn Papst Honorius und seinen rechtmäßigen Nachfolgern sowie der Römischen Kirche.
3. Und die anderen Brüder sollen verpflichtet sein, dem Bruder Franziskus und dessen Nachfolgern zu gehorchen.

Kapitel 4

Dass die Brüder kein Geld annehmen sollen

1. Ich gebiete allen Brüdern streng, auf keine Weise Münzen oder Geld anzunehmen, weder selbst noch durch eine Mittelsperson.
2. Doch für die Bedürfnisse der Kranken und die Bekleidung der anderen Brüder sollen einzig die Minister und Kustoden mit Hilfe geistlicher Freunde gewissenhaft Sorge tragen nach Maßgabe der Orte und Zeiten und kalten Gegenden, wie sie sehen werden, dass es der Not abhelfe;
3. immer aber mit dem Vorbehalt, dass sie, wie gesagt, nicht Münzen oder Geld annehmen.

Kapitel 6

Dass die Brüder nichts als ihr Eigentum erwerben dürfen sowie vom Bitten um Almosen und von den kranken Brüdern

1. Die Brüder sollen sich nichts aneignen, weder Haus noch Ort noch irgendeine andere Sache.
2. Und gleichwie Pilger und Fremdlinge (vgl. 1 Petr 2,11) in dieser Welt, die dem Herrn in Armut und Demut dienen, mögen sie voll Vertrauen um Almosen bitten gehen;
3. und sie sollen sich dabei nicht schämen, weil der Herr sich für uns in dieser Welt arm gemacht hat (vgl. 2 Kor 8,9).
4. Dies ist jene Erhabenheit der höchsten Armut, die euch, meine geliebtesten Brüder, zu Erben und Königen des Himmelreiches eingesetzt, an Dingen arm, aber an Tugenden reich gemacht hat (vgl. Jak 2,5).
5. Diese soll euer Anteil sein, der hinfährt in das Land der Lebenden (vgl. Ps 141,6).
6. Ihr ganz und gar anhanget, geliebteste Brüder, trachtet danach um des Namens unseres Herrn Jesu Christi willen auf immer unter dem Himmel, nichts anderes besitzen zu wollen!
7. Und wo immer die Brüder sind und sich treffen, sollen sie sich einander als Hausgenossen erzeigen.
8. Und vertrauensvoll soll einer dem anderen seine Not offenbaren; denn wenn schon eine Mutter ihren leiblichen Sohn nährt und liebt (vgl. 1 Thess 2,7), um wie viel sorgfältiger muss einer seinen geistlichen Bruder lieben und nähren?
9. Und wenn einer von ihnen in Krankheit fällt, dann müssen die anderen Brüder ihm so dienen, wie sie selbst bedient sein wollten (vgl. Mt 7,12).


In der Tat ist es so, dass die Brüder entweder beim Eintritt ihr Vermögen dem Orden übergeben oder dieses vorher schon verschenkt haben, sei es an die Bedürftigen oder an Freunde. Die Guadiane und Provinzialminister verwalten die Gelder des Ordens, zum Unterhalt der Klöster, für die Kosten des Mission- und Katechetendienstes und für die vielfältigen caritativen Aufgaben. Daher haben die Brüder alle Gelder und finaziellen Mittel, die sie erhalten, ihren Ordensoberen zu übergeben, damit sie gebündelt dem Orden und den Armen zu gute kommen.
Desweiteren werden die Brüder nicht bezahlt, wie etwa Regularkanoniker oder Diözesanpriester, d.h. dass sie natürlich auch auf die Fürsorge des Ordens/des Konventes bzw. der Bevölkerung angewiesen sind.

Natürlich gibt es auch Ausnahmen. Ein Beispiel ist mein Professor für alte Kirchengeschichte. P. Baumeister OFM ist bei der Universität als ordentlicher Professor im Staatsdienst angestellt und er hält ein Gehalt in der Höhe der Besoldungsstufe C4. Ich glaube nicht, dass P. Baumeister OFM sein Gehalt an den Orden abgeben muss, sondern dass ihm vielmehr zu gestanden wird, die Gelder für Forschung und Literatur, Vorträge und Symposien zu verwenden. Dennoch dürften diese Ausnahmen eher selten sein.

Das Brüder einen teil oder sogar ihr gesamtes Vermögen, bei einer Exkardinierung aus dem Orden oder bei einer Entbindung der Gelübde zurückbekommen ist mir nicht bekannt.

Mfg Presbyter

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P.S.: Anzumerken wäre vlt. noch der Form halber, dass der Franziskanerorden keine Äbte kennt, da er kein monastischer Orden ist. D.h. die klösterlichen Konvente werden nicht von einem Abt mit eigenem Jurdisdiktionsbreich geleitet, sondern von einem Prior, der sich Guardian nennt.
Diese Guardiane sind streng genommen, den Provinzialministern und diese dem Generalminister der Franziskanerbrüder, zum Gehorsam verpflichtet und somit Weisungsgebunden, während ein Abt dies nicht ist. Äbte sind nur ihren Erzäbten bzw. dem Abtprimas, wenn es denn einen gibt, und der römischen Ordenskongregation, die von einem Kardinalpräfekten geleitet wird, verpflichtet. Und auch dabei haben sie (die Äbte im Gegensatz zu Prioren) als Träger eines eigenen Jurisdikteionsbereichs weitgehend autonome Stellung.
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
-
Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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