Umfrage: Fällt religiöse Erziehung unter Manipulation?
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Manipulation
#16
Es kommt darauf an was man unter den Begriffen "religiöse Erziehung" und "Manipulation" versteht.

Einige Beiträge hier lassen darauf schließen daß unter dem Begriff "religiöse Erziehung" tatsächlich eine ganze Bandbreite von Erziehungsformen und den spezifischen Inhalten die vermittelt werden verstanden werden, mit zwei Hauptströmungen.

Einige, unter anderem sick_drummer und humanist, scheinen darunter mehr oder minder ausschließlich die Vermittlung von religiösen "Wahrheiten" und Geschichten zu sehen, vor allem wenn sie mit viel Nachdruck vermittelt oder gar fundamentalistisch gesehen werden. Andere vereinnahmen auch die Vermittlung ethischer, humanistischer Werte als "religiös".

Bei "Manipulation" ist das ganze schon nicht mehr so einfach.
Ich denke hier ist die Definition wesentlich schwammiger, während fast alle darunter sehr viel einschließen scheinen manche mehr als andere eher die Motivation oder den Nutznießer dahinter zu berücksichtigen wenn sie entscheiden sollen ab wann etwas über das akzeptable Maß an Beeinflußung hinausgeht. Wieder andere betrachten es erst dann als echte, übermäßige Manipulation wenn die Entscheidungsfähigkeit, das selbstständige Denken oder die Kritikfähigkeit dauerhaft darunter leiden und ins Erwachsenenalter mitgenommen werden.
Letzteres ist petronius Sichtweise.

Wieder andere interessiert lediglich das Ergebnis für den Erzogenen, die Folgen für die Gesundheit, das Wohlbefinden oder ganz allgemein das "Glücklichsein"(oder besser -wirken) als maßgebliches Kriterium dafür ab wann etwas unter den eher neutralen Begriff "Erziehung" fällt und ab wann unter den abwertenden "Manipulation".
zahira ist für diese Sichtweise ein gutes Beispiel.


Ich denke an allen Standpunkten und Definitionen steckt irgendwo etwas wahres, an manchen mehr und an anderen weniger. Es ist sicher zutreffend daß Erziehung immer Beeinflußung bedeutet, immer die Vermittlung eigener Werte. Etwas daß man selbst als falsch ansieht wird man seinem Kind auch kaum als richtig beibringen wollen.
Die Frage ab wann das ganze von guter Manipulation in schlechte abgleitet ist schwer objektiv zu beantworten, da es darauf ankommt was einem persönlich wichtig ist. Jemandem der wenig Interesse daran hat daß der eigene Nachwuchs kritisch über Dinge nachdenkt und seine eigenen Entscheidungen möglichst ohne oktroyierte Weltbilder trifft wird diese Grenze wahrscheinlich erst sehr viel später ziehen, ob nun das eigene Weltbild stark religiös oder stark atheistisch ausgeprägt ist ist dabei zweitrangig. Jemand der (subjektive) Wahrheiten als wichtiger empfindet als das (kurzzeitige) Glück seiner Kinder wird nicht davor zurückschrecken sie damit zu konfrontieren. Dabei ist es relativ unerheblich ob ein überrationaler Mensch seine Kinder beispielsweise schon extrem früh darüber aufklärt daß Mami und Papi mal sterben werden oder der Weihnachtsmann nicht existiert beziehungsweise ihnen dieses oder andere Märchen gar nicht erst erzählt da er die Fähigkeit zur Phantasie als Unsinn abtut, oder ob ein religiöser Fanatiker seinem Kind etwas Angst vor der Hölle macht damit es den seiner Meinung nach richtigen Weg geht, mit der Rechtfertigung im Gepäck das Richtige zu tun, da es ja besser sei etwas Angst jetzt als eine Ewigkeit in der Hölle.

Ich würde es ablehnen meine Kinder religiöse Inhalte zu lehren oder gar unbeaufsichtigt lehren zu lassen, ich würde es aber ebenso ablehnen ihre Fähigkeit zur Phantasie abzuwürgen in dem ich ihnen zu früh jedes und alles was ich als falsch oder als Märchen deklariere auszureden. Dazu ist später noch genügend Zeit. Natürlich ist es in einer gemischten Familie, seien es verschiedene Religionen oder Atheisten mit religiösen Menschen oder auch nur 2 entschiedene Agnostiker(irgendwie ein Widerspruch :D) schwieriger, da Kontinuität für Kinder durchaus wichtig ist.
Ich würde in jedem Fall versuchen religiöse Themen, also jedwede religiöse Geschichte oder "Wahrheit" aus der Erziehung herauszuhalten, und nach Möglichkeit Wertevermittlung, auch dort wo sie von religiöser Seite vereinnahmt wird, wie beispielsweise die "christliche" Nächstenliebe, davon loszulösen. Sollte dieser Kompromiss für die religiöse Seite inakzeptabel sein würde ich wohl den Bruch der Kontinuität zwischen den Eltern eher annehmen können als den Unterricht kommentarlos oder scheinbar schweigend zustimmend hinzunehmen. Ich würde zumindest versuchen einen Gegenpol zu bilden, mit dem Kind über den Unterricht zu sprechen, besonders über Dinge wo der Unterricht das Gebiet der Ethik verläßt, selbst wenn ich das Kind dadurch ein wenig verwirrren sollte. Ich sehe nämlich nicht wo die Geschichte vom Onkel Jesus einen erzieherischen Mehrwert haben sollte, vor allem einen der sich nicht auch durch anders erreichen ließe, da es einem ja eigentlich oft eh um Ethik und Moral geht. Ich denke die meisten Eltern handhaben das eigentlich genauso, selbst wenn sie Religion positiver gegenüberstehen. Es führt ja sicher kaum jemand die Begründung "weil Jesus dann traurig ist!" auf die Frage an wieso man den andere Kinder nicht hauen dürfe, sondern man versucht dem Nachwuchs klarzumachen daß "es dem anderen genauso wehtut wie es Dir wehtun würde."
Die goldene Regel also.

Allerdings hat mir mein Religionsunterricht nicht wirklich geschadet, der zumindest in der Grundschule noch sehr altmodisch war, mit Bibellesen, Storys von Himmel und Hölle und anderem Brimborium. Ich war schon sehr früh unheimlich stur, eher selbstbezogen und ein sehr nachdenklicher Mensch, und insofern nicht so leicht beeinflußbar, nichtzuletzt da mir kaum daran gelegen war zu gefallen. Ich war kein besonders nettes Kind. :D
Andere Persönlichkeiten sind da vielleicht anfälliger für frühe Einflüsse.

Solange man seinem Kind aber zur rechten Zeit anfängt klarzumachen daß nicht alles so einfach und unumstößlich ist und es sich am allerbesten immer selbst Gedanken zu den Dingen macht die es hört und liest ist sicherlich auch ein wenig Religionsunterricht keine Instant-Gehirnwäsche und auch kein Weltuntergang für die Entwicklung des Kindes, welche Persönlichkeit auch immer es haben mag, da hat petronius sicher recht.


(03-07-2010, 22:13)zahira schrieb: Was verstehst du unter religiöser Erziehung? Welche Erziehungsformen vergleichst du mit dieser religiösen Form?
Wurdest du religiös erzogen? (Dein Beitrag ist nicht grade Vorurteilsfrei Eusa_think )

Was ist schlecht daran wenn man Eltern hat die bei der Erziehung Nächstenliebe, Mitgefühl, achtsamem Umgang mit allen Wesen und Dingen erziehen? Die Vergebung vorleben?
Denn all das sind für mich auch Atribute von wahrer Religiosität.

Ich wurde streng katholisch erzogen. Trotzdem würde ich von mir behaupten relativ Vorurteilsfrei zu sein. Ich würde mich als gläubig bezeichnen (mit dem Wort religiös kann ich nicht wirklich etwas anfangen) und im Glauben an eine größere Kraft der man vertrauen kann und die man um Hilfe bitten kann, die ein Freund ist und kein Richter habe ich meinen Sohn erzogen. Der heute mit knapp 19 Organist in mehreren evangelischen Gemeinden ist, und seinen eigenen Glauben und seine eigene Form von Gläubigkeit hat.

Die Frage ist, wäre Dein Sohn auch christlichen Gemeinden aktiv wenn Du Moslem wärst? Oder religiös wenn Du eben nicht gläubig wärst? Ich frage mich immer, was wenn die Antwort Nein lauten würde, was sagt das über den Wert der Werte und Weltbilder aus? Der Sprung von christlicher Konfession zu christlicher Konfession ist jetzt ja nicht so weit, ob nun Du diesen Sprung gemacht hast oder Dein Sohn. Das sagt wenig über die Eigenständigkeit der Entscheidung aus. Darüber Aussagen zu treffen ist so schon schwer bis unmöglich, freier Wille gegen Determinismus, das gleitet schon schnell mal ins philosophische ab. Selbst wenn Dein Sohn Moslem geworden wäre, oder sogar Atheist wäre es schwer zu sagen inwieweit er beeinflußt wurde durch die Menschen denen er begegnete und die Bücher die er las, und was nun Wille und was Manipulation zuzurechnen wäre. Von einem Christen zu einem anderen Christen zu werden, sofern er evangelisch und Du katholisch sein solltest, ist noch weniger dazu geeignet hier freien Willen zu verorten.

Klar ist wenig schlechtes daran wenn man Mitgefühl und Nächstenliebe vermittelt. Aber ich finde es etwas seltsam wenn man diese ethischen Maßstäbe selbstverständlich unter dem Überbegriff der Religiösität zusammenfaßt. Das hat immer den Geschmack eines Vorurteils, nämlich dem daß diese Dinge etwas sind daß (meine) Religion zumindest stärker befördert als andere oder gar gottlose Weltbilder. Wenn nicht sogar, in extremen Fällen, anderen manche Werte generell abgesprochen werden.
Vorurteile hat jeder, keine Frage, Vorurteile sind bis zu einem gewissen Grad sogar nützlich(2 Meter Hühne, gefährlich.).
Interessant ist lediglich welche man hat und wie stark und unumstößlich beziehungsweise wie abwertend sie sind. Es besteht ein bedeutender Unterschied zwischen dem Vorurteil "Religiösität schränkt die Fähigkeit selbst zu denken schnell mal ein." und dem Vorurteil "Kein Gott, keine Moral." Selbst wenn beide hastig mit "ja, aber natürlich nicht immer/alle" versehen werden.

Es gibt aber sicherlich schlechtere Wege zu erziehen, und wichtigere Aspekte und Inhalte bei Erziehung als Gott oder kein Gott, keine Frage.
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#17
Zitat:Was ist schlecht daran wenn man Eltern hat die bei der Erziehung Nächstenliebe, Mitgefühl, achtsamem Umgang mit allen Wesen und Dingen erziehen? Die Vergebung vorleben?
Denn all das sind für mich auch Atribute von wahrer Religiosität.

Guten Morgen, Zahira,

ich denke nicht, dass nur religiöse Menschen so erziehen. Ich kenne sehr viele Menschen, die das so praktizieren, und die Atheisten sind. Und wenn man den Buddhismus nicht als "Religion", sondern als "Weltanschauung" betrachtet (was sehr viele tun), dann gibt es einige hundert Millionen Menschen, die das so handhaben... Nächstenliebe, Mitgefühl, Achtsamkeit und Vergebung sind keine Eigenschaften, die ausschliesslich religiösen Menschen vorbehalten sind.

Gruss

DE
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#18
(04-07-2010, 09:01)Der-Einsiedler schrieb:
Zitat:Was ist schlecht daran wenn man Eltern hat die bei der Erziehung Nächstenliebe, Mitgefühl, achtsamem Umgang mit allen Wesen und Dingen erziehen? Die Vergebung vorleben?
Denn all das sind für mich auch Atribute von wahrer Religiosität.

Guten Morgen, Zahira,

ich denke nicht, dass nur religiöse Menschen so erziehen. Ich kenne sehr viele Menschen, die das so praktizieren, und die Atheisten sind. Und wenn man den Buddhismus nicht als "Religion", sondern als "Weltanschauung" betrachtet (was sehr viele tun), dann gibt es einige hundert Millionen Menschen, die das so handhaben... Nächstenliebe, Mitgefühl, Achtsamkeit und Vergebung sind keine Eigenschaften, die ausschliesslich religiösen Menschen vorbehalten sind.

Gruss

DE

Guten Morgen lieber Einsiedler,
deshalb habe ich auch Atribute ... geschrieben.
Auch für mich haben diese Eigenschaften nichts mit der Zugehörigkeit zu einer "Schublade" zu tun
Liebe Grüße
Zahira
As Salamu Aleikhum
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#19
(04-07-2010, 06:38)Hikikomori schrieb: Die Frage ist, wäre Dein Sohn auch christlichen Gemeinden aktiv wenn Du Moslem wärst? Oder religiös wenn Du eben nicht gläubig wärst? Ich frage mich immer, was wenn die Antwort Nein lauten würde, was sagt das über den Wert der Werte und Weltbilder aus? Der Sprung von christlicher Konfession zu christlicher Konfession ist jetzt ja nicht so weit, ob nun Du diesen Sprung gemacht hast oder Dein Sohn. Das sagt wenig über die Eigenständigkeit der Entscheidung aus. Darüber Aussagen zu treffen ist so schon schwer bis unmöglich, freier Wille gegen Determinismus, das gleitet schon schnell mal ins philosophische ab. Selbst wenn Dein Sohn Moslem geworden wäre, oder sogar Atheist wäre es schwer zu sagen inwieweit er beeinflußt wurde durch die Menschen denen er begegnete und die Bücher die er las, und was nun Wille und was Manipulation zuzurechnen wäre. Von einem Christen zu einem anderen Christen zu werden, sofern er evangelisch und Du katholisch sein solltest, ist noch weniger dazu geeignet hier freien Willen zu verorten.

Klar ist wenig schlechtes daran wenn man Mitgefühl und Nächstenliebe vermittelt. Aber ich finde es etwas seltsam wenn man diese ethischen Maßstäbe selbstverständlich unter dem Überbegriff der Religiösität zusammenfaßt. Das hat immer den Geschmack eines Vorurteils, nämlich dem daß diese Dinge etwas sind daß (meine) Religion zumindest stärker befördert als andere oder gar gottlose Weltbilder. Wenn nicht sogar, in extremen Fällen, anderen manche Werte generell abgesprochen werden.
Vorurteile hat jeder, keine Frage, Vorurteile sind bis zu einem gewissen Grad sogar nützlich(2 Meter Hühne, gefährlich.).
Interessant ist lediglich welche man hat und wie stark und unumstößlich beziehungsweise wie abwertend sie sind. Es besteht ein bedeutender Unterschied zwischen dem Vorurteil "Religiösität schränkt die Fähigkeit selbst zu denken schnell mal ein." und dem Vorurteil "Kein Gott, keine Moral." Selbst wenn beide hastig mit "ja, aber natürlich nicht immer/alle" versehen werden.

Es gibt aber sicherlich schlechtere Wege zu erziehen, und wichtigere Aspekte und Inhalte bei Erziehung als Gott oder kein Gott, keine Frage.

Merhaba Hikikomori,
nun, ich bin Muslima auf einem interreligiösen Sufiweg und mein Sohn hat sein eigenes Leben. Er findet das was ich tu manchmal etwas seltsam, aber mit mir als Mensch und Mutter kann er gut leben und ich finde das ist das wichtigste. Ethische Werte gehören für mich nicht nur zu religiösen Wegen, können aber auch zu religiösen Wegen gehören, wie eben auch zu nicht religiösen, deshalb das auch, wie ich schon Einsiedler geantwortet habe.
Ich sortiere Menschen nicht in Schubladen, sondern versuche in jedem einzelnen ein eigenes Individuum zu sehen. Das lebe ich, und vermutlich wurde mein Sohn dadurch auch geprägt. Grenzen setzten wo es gefährlich wird (Straßeverkehr, heiße Herdplatte, usw) Freiheit lassen wo immer es möglich ist für eigene Erfahrungen. Egal ob religiöse oder weltliche. Das macht in meinen Augen Erziehung zu einem eigenständigen Menschen aus. Jeder Mensch hat seinen eigenen Weg, der zuerst durch die Eltern, Großeltern und Geschwister, später durch Lehrer, Freunde, Umgebung, Bücher, Medien mitgeprägt wird.

@Alle
Es tut mir leid dass ich immer wieder durch meine Ausdrucksweise verwirre, manchmal sogar verärgere. Vermutlich liegt das daran, dass ich ein etwas unübliche Sichtweise habe über Gott und die Welt, was mir aber oft erst klar wird wenn ich die Reaktionen lese. Bitte entschuldigt.
As Salamu Aleikhum
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#20
(03-07-2010, 22:13)zahira schrieb:
(03-07-2010, 18:48)humanist schrieb: Zwischen verschiedenen Formen erzieherischer Manipulation mag doch ein qualitativer Unterschied bestehen. Religiöse Erziehung schwächt selbstredend die Kritikfähigkeit, Vorurteilsfreiheit etc., was bei anderen Erziehungsformen anders ist.n

Was verstehst du unter religiöser Erziehung? Welche Erziehungsformen vergleichst du mit dieser religiösen Form?
Wurdest du religiös erzogen? (Dein Beitrag ist nicht grade Vorurteilsfrei Eusa_think )

Was ist schlecht daran wenn man Eltern hat die bei der Erziehung Nächstenliebe, Mitgefühl, achtsamem Umgang mit allen Wesen und Dingen erziehen? Die Vergebung vorleben?
Denn all das sind für mich auch Atribute von wahrer Religiosität.

Ich wurde streng katholisch erzogen. Trotzdem würde ich von mir behaupten relativ Vorurteilsfrei zu sein. Ich würde mich als gläubig bezeichnen (mit dem Wort religiös kann ich nicht wirklich etwas anfangen) und im Glauben an eine größere Kraft der man vertrauen kann und die man um Hilfe bitten kann, die ein Freund ist und kein Richter habe ich meinen Sohn erzogen. Der heute mit knapp 19 Organist in mehreren evangelischen Gemeinden ist, und seinen eigenen Glauben und seine eigene Form von Gläubigkeit hat.

"religiöse Erziehung" war das Schlagwort von sick_drummer. Verstehe darunter vor allem dogmatische Erziehung, statt hinterfragender und erklärender Erziehung, wie es Hikikomori beschrieb. Bin ein Mensch, der alles hinterfragt und nichts als gegeben hinnimmt. Für das Meiste (Regeln bspw.) gibt es einen Grund.
Wurde konfessionslos erzogen, habe aber von Atheisten gehört, die ehemals Christen waren und sich nicht vollständig von den Dogmen und dem Glaube an Gott lösen können. Folgeschäden sozusagen.

Zu deinem zweiten Absatz. Das könnte man 1 zu 1 auf ethische Erziehung übertragen (mit dem Glaubensunterschied). sick_drummer und ich meinen dann wohl eher die erzkonservative katholische Erziehung, wie sie sicher in süddeutschen Bundesländern noch oftmals gelehrt wird.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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#21
(04-07-2010, 10:01)zahira schrieb: Merhaba Hikikomori,
nun, ich bin Muslima auf einem interreligiösen Sufiweg und mein Sohn hat sein eigenes Leben. Er findet das was ich tu manchmal etwas seltsam, aber mit mir als Mensch und Mutter kann er gut leben und ich finde das ist das wichtigste. Ethische Werte gehören für mich nicht nur zu religiösen Wegen, können aber auch zu religiösen Wegen gehören, wie eben auch zu nicht religiösen, deshalb das auch, wie ich schon Einsiedler geantwortet habe.
Ich sortiere Menschen nicht in Schubladen, sondern versuche in jedem einzelnen ein eigenes Individuum zu sehen. Das lebe ich, und vermutlich wurde mein Sohn dadurch auch geprägt. Grenzen setzten wo es gefährlich wird (Straßeverkehr, heiße Herdplatte, usw) Freiheit lassen wo immer es möglich ist für eigene Erfahrungen. Egal ob religiöse oder weltliche. Das macht in meinen Augen Erziehung zu einem eigenständigen Menschen aus. Jeder Mensch hat seinen eigenen Weg, der zuerst durch die Eltern, Großeltern und Geschwister, später durch Lehrer, Freunde, Umgebung, Bücher, Medien mitgeprägt wird.

@Alle
Es tut mir leid dass ich immer wieder durch meine Ausdrucksweise verwirre, manchmal sogar verärgere. Vermutlich liegt das daran, dass ich ein etwas unübliche Sichtweise habe über Gott und die Welt, was mir aber oft erst klar wird wenn ich die Reaktionen lese. Bitte entschuldigt.

Und voll ins Fettnäpfchen getreten. :icon_cheesygrin:

Naja, mein Punkt steht nach wie vor, selbst wenn er für Dich und Deinen Sohn vielleicht kaum bis gar nicht zutreffen sollte. Es wäre ganz interessant zu wissen wie er aufgewachsen ist, Du sagtest ja Du wärest katholisch erzogen worden, jetzt Moslem mit buddhistischen Zügen(so nehme ich als absoluter Laie diesen Sufismus wahr wenn ich in für mich grob kategorisiere).

Nichtsdestotrotz scheint eine Tendenz zu bestehen zwischen Erziehung und Religiösität, die sicherlich auch mit charakterlichen Vererbungen zusammenhängen kann und nicht nur mit Erziehung an sich. So wird ein spiritueller Mensch vielleicht eher einen zur Spiritualität neigenden Nachwuchs produzieren, so wie sich manchmal auch andere Eigenschaften übertragen. Bei meinem Vater und mir ist es recht deutlich habe ich mir sagen lassen(ich kenne ihn nur aus Erzählungen), er sei ebenfalls ein ruhiger, introvertierter und lesefreudiger Mensch gewesen, ohne großes Interesse an Gesellschaft und Trubel.
Da ich ihn nie kennengelernt habe und meine Mutter und mein Stiefvater völlig andere Menschen sind mag das durchaus genetische Ursachen haben und zutreffen. Aber das erklärt sicher nicht alles, und ich bin mir ziemlich sicher daß religiöse Erziehung Menschen in jungen Jahren nachhaltig prägen kann, zu ihrem Vor- und Nachteil. Ebenso wie eine gottlose, humanistische und auf dem Geist der Aufklärung und dem kritischen, hinterfragenden und möglichst rationalem Verstand aufbauende Erziehung ihre Spuren hinterlassen dürfte. Natürlich ist es bei beiden möglich daß sich der Sproß später für den jeweils anderen Weg entscheidet, ich bin sicher nicht das beste, aber zumindest ein Beispiel dafür.
Aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch denke ich daß dieses Weltbild beibehalten wird. Solange Dinge wie Freiheit, eigenständiges Denken, fundierte Ethik, lebenslange Bildung und was sonst noch an unzähligen wichtigen Werten und Prinzipien vermittelt werden können und natürlich die bedingungslose Liebe und Unterstützung der Eltern Vorrang und Priorität haben und das auch dem Kind gegenüber deutlich gezeigt wird nimmt das ganze aber eher einen untergeordneten Stellenwert ein finde ich, bis hin zu der "Wichtigkeit" der jeweiligen Antwort auf die Frage welche regionale Fußballmannschaft denn nun anzufeuern sei.

Als aufgeschlossenes, gläubiges und kritischer Elternteil kann man religiöse Bildung sicher machen ohne daß man Gefahr läuft daß Dawkins beim Jugendamt anruft, aber selbst dann wäre ich vorsichtig wo und wen ich meine Kinder in Religion unterrichten lassen würde, wenn überhaupt.
Ich persönlich würde das, abgesehen von einem hypothetischen Standpunkt aus, natürlich nicht tun, also gar nicht erst selbst religiös erziehen und schon gar nicht Fremde lassen. Aber ich würde versuchen zu erklären wie ich das sehe, und wie andere das sehen. Ich würde, sobald es alt genug ist, versuchen zu argumentieren, zu erklären und es auffordern ebenso vorzugehen und für sich selbst nach einer Antwort zu suchen.
Also salopp gesagt, ich glaube daß das ganze Unsinn ist, diese und jene Religionen und Weltbilder gibt es, und viele unterschiedliche Grade an Einstellungen und Sichtweisen innerhalb davon, fanatische und sehr aufgeschlossene. Was Du davon hältst mußt Du schon selbst entscheiden.

Das geht natürlich nicht mit einem 6jährigen, aber ich denke mit 10-13jährigen kann man schon ein wenig über solch komplexen Dinge reden, mehr und mehr. Dabei darf man natürlich nicht die Tendenz des Kindes vergessen den Eltern zuzustimmen, die erst in jugendlichen Jahren ins Gegenteil umschlägt.

Allerdings würde mir die Wahl zwischen einem atheistischen Vater der sich mit seinem Nachwuchs kaum beschäftigt und einem moderat gläubigen Ebensolchen der sich intensiv und sich der kindlichen Psyche bewußt fast schon verbiegt um nur ja keine Indoktrination zu betreiben um dem Kind wirklich klarzumachen daß hier eigene Entscheidungen, gleich wie sie ausfallen in Ordnung und sogar essenziell sind nicht schwer fallen und klar für Letzteren ausfallen.
Und dabei würde man lange suchen bis man jemanden findet der dem Konzept Glauben so wenig abgewinnt wie ich.

In Rage gerate ich erst bei solchen Menschen, je näher sie diesem Extrem kommen umso mehr. http://www.spiegel.de/schulspiegel/leben...73,00.html
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#22
@Hikikomo,
ich denke auch, dass sich jeder Mensch ebenso durch genetische Prägung, und eben wie vorher schon von mir beschrieben durch Eindrücke und Erfahrungen mit Anderen entwickelt. Bleibt zu hoffen, dass die gesamte Menschheit sich ethischen Werten annähert, damit Fundamentalisten aller Gruppierungen egal ob Athistisch, Islamistisch, Christlich, Materialistisch, .... immer weniger Chancen haben Menschen auf Ihre Seite zu bekommen. Aber wie soll man die Menschheit zu mehr eigenständigem Denken in Verbindung mit der goldenen Regel "Was du nicht willst das man dir tu das füg auch keinem Andern zu" bringen. Da hab ich keine Idee.
As Salamu Aleikhum
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#23
(04-07-2010, 09:44)zahira schrieb: deshalb habe ich auch Atribute ... geschrieben.

Hallo, Zahira,

stimmt. Das hatte ich überlesen, Verzeihung.

Liebe Grüsse

DE
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#24
(03-07-2010, 22:13)zahira schrieb: Was ist schlecht daran wenn man Eltern hat die bei der Erziehung Nächstenliebe, Mitgefühl, achtsamem Umgang mit allen Wesen und Dingen erziehen? Die Vergebung vorleben?
Denn all das sind für mich auch Atribute von wahrer Religiosität

mag sein, daß das für dich "Atribute von wahrer Religiosität" sind. so wie die farbe rot attribut von ferraris ist. dennoch ist nicht jedes rote auto ein ferrari

anders gesagt: natürlich finden auch religiöse dinge gut, die andere ebenfalls gut finden. ich frage mich nur, inwieweit das dann mit deren religiosität zu tun hat
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#25
Danke für eure wirklich interessanten Beiträge!

Sorry, dass ich "religiöse Erziehung" nicht klar definiert habe. Für mich fällt darunter eigentlich nur die Vermittlung des Glaubens der Eltern, und nicht die "Lehre der Menschlichkeit" (Nächstenliebe, Mitgefühl, Vergebung, blabla fallen für mich unter "normale" Erziehung und haben für mich mit Religion/Glaube nur wenig am Hut).

Unter Manipulation verstehe ich Beeinflussung, sprich jemanden in eine gewisse Richtung "hinbiegen".

Die schwierigste Frage eines Kindes ist sicherlich "Gibt es Gott?". Ich würde sie beantworten mit "Wenn du daran glaubst, ja".

Mfg
sick
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#26
Lieber Sick_drummer.
"Wenn du daran glaubst, ja"
das ist eine schöne und für mich stimmige Antwort auf die Frage ob es Gott gibt. Danke ;o)
As Salamu Aleikhum
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#27
(03-07-2010, 11:29)sick_drummer schrieb: Für mich habe ich diese Frage mit einem klaren JA beantwortet, weil man ein Kind in etwas hineinerzieht, was es später vielleicht gar nicht will.
Ja, das Dilemma jeglicher Erziehung.

(03-07-2010, 11:29)sick_drummer schrieb: Meiner Meinung nach sollte man seinen Schützlinge alle Wege offen halten um in der individuellen Entwicklung eigene Standpunkte festigen zu können, was mit einer religiösen Erziehung nur erschwert möglich ist.
Beziehst du dieses nur auf religiöse Erziehung oder auf alle Bereiche des Lebens? Wie willst du dabei vorgehen, wenn du nichts vorgeben willst? Schwarze Pädagogik? Anti-Autoritäre Erziehung?

(03-07-2010, 11:29)sick_drummer schrieb: So mit fällt für mich auch die Taufe flach, da es sich später ja immer noch taufen kann, wenn es will.
Fällt die Taufe nun falch, weil du selber auch nicht dazu 100% stehen kannst oder nur weil du nichts vorweg greifen willst, was später dein Kind selber entscheiden soll? Wie weit gehst du hier wiederum?

So würde ich einmal davon ausgehen, dass eine Taufe wohl keinerlei bleibende Schäden hinterlässt, anderes hingegen sehr wohl. Manches ist umkehrbar, anderes nicht. Viele Entscheidungen und du willst keine davon für dein Kind treffen?
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#28
(04-07-2010, 15:07)sick_drummer schrieb: [...] und nicht die "Lehre der Menschlichkeit" (Nächstenliebe, Mitgefühl, Vergebung, blabla fallen für mich unter "normale" Erziehung und haben für mich mit Religion/Glaube nur wenig am Hut).

Unter Manipulation verstehe ich Beeinflussung, sprich jemanden in eine gewisse Richtung "hinbiegen".
So wie obige Punkte? Nicht das ich mich nun dagegebn ausprechen wollte, aber man könnte hier wohl begründet auch ganz andere Punkte für wichtig erachten, in diesem Sinne biegst du dein Kind hier in die Richtung, welche du als angemessen beachtest.

Vielleicht sollte man hier darum auch nicht eindimensional denken, sondern sich vielleicht Bereiche überlegen, in welchen das Kind sich frei entwickeln kann, aber sehr wohl hier auch die Persönlichkeiten der Erzieher gegenübertreten. Und wenn davon jemand gläubig ist, selber dazu stehen kann, warum dann auch nicht gegenüber dem Kind?

So etwas wäre mir lieber, als ein solches Wischi-Waschi, wo auch für das Kind nicht mehr nachvollziehbar ist, was eigentlich die Werte sein sollen und welchen Sinn sie umsetzen.
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#29
Das Thema nimmt sich die religiöse Erziehung vor. Allerdings ist diese nur ein Teilaspekt des Lebens als Kind. Es gibt in der Tat viele Ebenen oder Dimensionen (Jakow), die vom Kind eine Anpassungsleistung verlangen, die vollkommen unbewusst bis ins Erwachsenenalter erbracht wird. Nicht einmal die Ausbildung eines Physikstudenten ist frei von ideologischen Einflüssen, die einfach aufgenommen werden. Ich erinnere an die Ablehnung neuer Erkenntnisse. Sie kratzen am bisherigen Weltmodell; folglich werden sie erst einmal abgelehnt.
Genauso in der weltanschaulichen Erziehung: Was heute reflexhaft als verwerflich oder auch nur fragwürdig erscheint, war früher "usus" (Brauch, normal).
Ich halte das Wort 'Manipulation' für vollkommen unangemessen. Das kann man bestenfalls für Umerziehungslager so sagen!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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